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Dienstag, 05. April 2004 * Kalamata * Tja - Das kann vorkommen: durch einen Denkfehler ist fast das komplette Logbuch dieses Frühjahrs ins "Daten-Nirvana" entschwunden. Na, dann rekapituliere ich eben schnell noch mal das Wichtigste - so viel Aufregendes ist ja nicht passiert:

Wir haben die "kalte" Jahreszeit dazu benutzt, eifrig an unseren kreativen Projekten zu arbeiten. Elisabeth im Schiff, ich hatte meinen Arbeitsplatz am Wohnmobil-Schreibtisch aufgeschlagen. Täglich beschallte Elisabeth unser Schiff mit E-Piano und Computer-Mischpult, ich saß am Laptop mit wunderschönem Blick durchs Panoramafenster auf Hafen und Stadt. Im Januar gab es dann doch mal "richtig Schnee". Die Temperaturen plumpsten für eine Nacht auf Minus Sieben Grad (!), was die Griechen sichtlich unvorbereitet traf: Kalamata war ein einziger Wasserrohrbruch. Ein paar Eindrücke des immer noch eher seltenen Ereignisses auf der Winterseite.

Aber oft gab es doch angenehm warme Perioden, in denen eine freundliche Sonne schien und wir durch die Stadt spazieren oder uns am Steg zu einem Plausch, einem gemeinsamen Essen oder Kaffee oder zum Boule-Spielen mit den Nachbarn treffen konnten. Als im Februar die schönen Tage immer häufiger und milder wurden, kam, erst unmerklich, dann immer deutlicher ersichtlich, Bewegung in den Winterschlaf des Hafens: Die neue Segelsaison kam in Sicht und Alle werkelten fleißig an ihren Bötchen. Auch wir begannen im Hinblick auf baldiges Segeln noch einige Wartungs- und Reparaturarbeiten. Elisabeth geriet dabei "hoch hinaus", was auch eine ganz neue Sicht auf unser Boot erbrachte - Bilder auf der Fotoseite "On Top of the World"

Dann nahmen wir das Schiff für drei Wochen aus dem Wasser (Fotoseite "Landgang") und werkelten mit Zwei-Komponenten-Primer, Lacken und Antifoiling. Nebenbei bekam das Schiff so einen neuen Wasserpass und vier vergammelte Seeventile wurden mit Borddurchführung, Kugelhähnen und Schlauchstutzen neu installiert. Wieder im Wasser wurden noch einige Elektroarbeiten erledigt, die überfälligen Schiebetüren von abgeblättertem Lack befreit und neu eingelassen. Unser Schiffchen wird immer schöner und besser.

Das war nicht immer so. Als ich vor dem Kauf kulanter weise Gelegenheit bekam, ein paar Tage auf dem Schiff mitzusegeln, legte ich in meinem Notizbuch eine lange Mängelliste an, in dem Bewusstsein, dass diese Liste auf noch mehr schließen ließ, was ich nicht direkt als Schaden entdecken konnte .... - meine Vermutungen in diese Richtung bestätigten sich später unter anderem durch die Entdeckung offensichtlich unsachgemäß ausgeführter Reparaturversuche. Die Schäden waren zwar für mich nicht überraschend und auch nicht substantiell (Nauticat ist eben Nauticat), ärgerlich war nur, dass sie sich teilweise in den unpassensten Momenten zeigten. Aber ich hatte mich vor dem Probetörn gründlich informiert, mit Fachliteratur bewaffnet (sogar zwei Bücher über Schiffs- und Yachtbau gewälzt) und hakte die essentiellen Punkte ab (Osmose, Kiel, Motor, Segel, Deck etc. - manches war "o.k", manches akzeptabel, manches mehr oder weniger reparaturwürdig und wies teilweise darauf hin, dass das Schiff in letzter Zeit nicht (mehr?) oder unsachgemäß gepflegt und gewartet worden war - bei Gebrauchtbooten oft der Fall, wie ich inzwischen von Gesprächen mit anderen Seglern weiß. Bevor ein Skipper sich zum Verkauf seines Bootes entschließt, ist meist schon längst die Lust am Boot verflogen - und damit auch die Lust, es zu warten ... ). Ich hatte via Internet viele Vergleichsangebote eingeholt, andere vergleichbare Nauticats in England direkt besichtigt und wusste so in etwa, wie ich den vom Verkäufer geforderten Festpreis bewerten konnte. Faustregel beim Bootskauf (neu oder gebraucht) ist normaler weise, dass man zum Kaufpreis ca. 30-50 % addieren muss, bis das Boot so dasteht, wie man es haben will. Ich verglich Zeitwert, Ausstattung etc. und kam zu dem Schluss, dass der vom Voreigner genannte Festpreis für meine Kalkulation (s.u.) akzeptabel war. Wenn wir jetzt noch eine neue Segelgarderobe (kommt nächsten Winter) einrechnen, haben wir für Reparaturen, Renovierungen, Material und zusätzliches Equipment ca. 15 % des Kaufpreises investiert - und natürlich viel Eigenarbeit - aber wer "zwei linke Hände" hat und keine Lust auf "ordentlich Arbeit" (die nie ausgeht), sollte sich den Kauf eines Schiffs ohnehin "drei Mal überlegen" (... es sei denn, er hat kürzlich im Lotto gewonnen - keine Chance für uns - wir spielen nicht .....). 

Meine Kalkulation vor dem Kauf sah zuletzt so aus: Eine nach allen Recherchen ebenfalls in der engeren Wahl stehende Nauticat in England war zweieinhalb Jahre älter, noch mit Holzaufbau (im Mittelmeer problematisch) und sollte 20% mehr wie die Unity kosten. Sie war besser gepflegt, aber schlechter ausgestattet, wie die Unity. Wenn wir nach dem bisherigen "Refit" unsere Mehrkosten von 15% damit vergleichen, haben wir also für weniger Geld eine jüngere und (auch durch weitere Einbauten und Installationen - siehe unten) wesentlich besser ausgestattete Yacht. Ein Grund, der ebenfalls für die "Unity" sprach, war, dass sie bereits in Griechenland lag, wohin wir ohnehin wollten - eine Reise von England entlang der Atlantikküste und quer durch´s Mittelmeer hätte unser Können zum Zeitpunkt des Kaufs eindeutig überschritten. Wir hatten Angebote von Skippern eingeholt, die uns bei einer Überführung helfen könnten. Die Rückmeldungen waren, dezent ausgedrückt, haarsträubend - was sich in dieser Szene an abgedrehten Freaks (kann man nicht anders bezeichnen....) tummelt, ist nicht zu fassen. Einer wollte nur mitkommen, wenn er für die Dauer der Reise bei mir in der Eignerkabine hätte schlafen dürfen, d.h. Elisabeth sich ins Vorschiff verzogen hätte (er meinte, er fühle sich sonst zusammen mit einem Ehepaar zu sehr als "drittes Rad am Wagen" - ab zum Psychiater...) - der skurrile Gipfel eines Eisbergs in dem noch horrendere Möglichkeiten vermutet werden dürfen.

Für alle, die es interessiert, eine "kleine" bunt gemischte Auswahl der inzwischen am Schiff ausgeführten Arbeiten: Motor-Generalüberholung wegen Wasser im Öl (Zylinderkopfdichtung defekt - dazu auch der Text "Der Specialist")), Revision des Süßwasser-Kühlkreislaufs und Getriebes (noch bevor wir im Frühjahr aufbrachen), gebrochene Dichtung an der Seewasserkühlung (Wärmetauscher) erneuert (bereits 2002 - das Schiff wäre fast dadurch gesunken - die Kühlung liegt unter der Wasserlinie), Impeller der Kühlung und alle Öl-, Kraftstoff- und Wasserfilter erneuert, Motorblock und Bilgen gereinigt; leckenden, gebrochenen Brauchwassertank ersetzt, ausgeschlagene Brauchwasserpumpe erneuert, leckende Toilette umgebaut, Maststütze statisch stabilisiert, völlig unakzeptables elektrisches System generalüberholt (alle Leitungen durchgemessen, gebrochene Leitungen ersetzt, korrodierte Verbindungen repariert, unbelegte alte Leitungen entfernt, Anschlüsse an den Batterien auf Klemmleisten mit nummerierten Klemmen gesetzt, Leitungen gekennzeichnet, das System mit Schaltplänen neu konzipiert) incl. Planung und Installation von zwei getrennten Kreisläufen (Bordstrom / Anlasserstrom) mit Trenndiode, 3 (sehr) alte Batterien gegen neue 2x Gel (240 Ah - Bord) und 1x wartungsfrei (175 Ah - Anlasser und Notstrom) ausgetauscht und neu verkabelt, zwei Wechselrichter (12V > 220V) installiert, Lichtmaschine für Test und Wartung aus- und wieder eingebaut, abgenutzten Motorkeilriemen erneuert, Installation eines "Powerladers" für die Lichtmaschine mit Steuerungs- und Kontroll-Leitungen, altes Landstrom-Ladegerät gegen neue Elektronik mit moderner Ladetechnik ausgetauscht, "schwimmende Erdung" des alten Systems behoben, neues Radar eingebaut und installiert, marode Reste des alten Radars abgebaut (ca. 15 Kilogramm schwere Antenne und ca. 12 m. zentimeterdickes, wassergefülltes (!) Kabel durchs halbe Schiff), überflüssigen und sperrigen Radarschrank im Ruderhaus ausgebaut, klappbare Ruderbank für den Innensteuerstand gebaut, Windrad mit Regler für alle drei Batterien neu eingebaut und mit Solarregler abgeglichen, Maststufen am Besanmast angebracht, um das Windrad warten zu können, U-förmige Arbeitsecke mit Arbeitsplatte, Computernetzwerk, "versenkbarem" E-Piano und zusätzlichen Stauräumen im unteren Salon eingebaut, neue trittfestere Gangway ohne scharfe Kanten gebaut, alle Polster gereinigt und mit Schutzüberzügen versehen, Kurzwellen-Wetterfax (DWD) installiert, Bug- und Heckanker mit weißer Antirostfarbe gestrichen, Ankerkette gereinigt und mit Markierungen versehen, Türgriffe und Trittleisten im Ruderhaus von Grünspan gereinigt, seefeste Bücherregale für ca. 200 Bücher gebaut und angebracht, fehlende Dieselheizung und neue Heißluftrohre durch´s ganze Schiff eingebaut, Schäden (durch frühere Grundberührungen?) am Kiel repariert, Schäden an der äußeren Führung der Propellerwelle ("Wellenbock") repariert, neuer Stoßschutz aus Edelstahl am Bug, undichte Fenster und Oberlichter repariert, fehlende oder angemoderte Böden in den Stauräumen unter den Kojen ersetzt / eingepasst, kaputte Scheibenwischer abgebaut (werden noch ersetzt), Teakdeck komplett mit Rasierklinge zentimeterweise geglättet und repariert, überlastete Basis des Genua-Vorstags mit Edelstahlplatte verstärkt (die segeltechnisch völlig unlogisch angebrachten Vorstage werden im nächsten Winter neu installiert, wenn die neue Segelgarderobe kommt), Aufhängung des Stags am Masttop verstärkt, überalterte Schoten und Fallen fast komplett ausgetauscht, störend und anfällig platzierte Tochterinstrumente für Wind/Logge/Echolot am Außensteuerstand in geschütztes Fach unterm Überhang des Ruderhausdachs umgesetzt, Mahagonihandläufe beidseits des Besanmastes auf dem Dach des Ruderhauses angebracht; veralteten, beschädigten und angerosteten Küchenherd erneuert (jetzt: zwei Flammen Gas (Edelstahl), Mikrowelle und Umluftbackofen mit Ober-/Unterhitze), ausgeleierte Rollen der Schiebetüren zum Ruderhaus ersetzt, neue Stopper aus Mahagoni geschnitten, Schiebetüren ausgebaut, abgeschliffen und neu eingelassen, beschädigtes Gelcoat an Deck neu verspachtelt und lackiert, am Hauptmastfuß verrotteten Verbindungskasten für die Leitungen zu den Positionslichtern und zur Decksbeleuchtung erneuert und Korrosionen und Wackelkontakte behoben, festgesetzte Wantenspanner gängig gemacht und zwei verbogene erneuert, Leck in der Hydrauliksteuerung behoben, Autopilot (Windpilot) funktionsfähig gemacht und zu einem über Schnittstellen verbundenen System aus Kartenplotter/Ankerwächter (neu) /Laptop (neu) erweitert, Wasserpass mit allen Grundierungen erneuert, vier marode Seeventile komplett ausgetauscht, "FI"-Schalter und Überspannungsschutz in den Landstromkreislauf integriert. Hinzu kommt noch viel Putz- und Schrubbarbeit vom Ruderhaus über das Deck und die Reling, Mahagoni- und Fußbodenrenovierung und -pflege innen bis zur Reinigung der Haupt- und seitlichen "Nebenbilgen". Außerdem haben wir uns noch einen starken aber "flüsterleisen" Stromgenerator geleistet, mit dem wir noch besser unterwegs arbeiten können (auf den Inseln bekommt man zwar Wasser zum Nachtanken, aber Strom gibt´s so gut wie nicht).

Man sieht - es wurde uns nicht langweilig. Dass wir neben den ohnehin anfallenden Routine-, Service- und Haushaltsarbeiten überhaupt noch zum Segeln, Genießen und nicht zuletzt zum Arbeiten (das oben Aufgezählte läuft unter "Hobby") kamen, mutet bei der Liste fast wie ein Wunder an. Nun - es war ja auch fast ein ganzes Jahr Zeit. Aber wie gesagt - Langeweile kam bisher noch keine Minute auf.....