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Korfu, Marina Gouvia

12. Juli 2006

 

Die Unity und ich warten geduldig auf die Mitsegler J. und R., die Übermorgen Abend ankommen wollen. Nicht, dass es zwischenzeitlich langweilig wäre: erstens finde ich immer wieder etwas zu richten und zu räumen, zweitens tut nach dem Stress der letzten Wochen etwas Ruhe ganz gut, drittens wäre da noch die Arbeit am nächsten Buch zu nennen und ganz nebenbei ein verrückter Geheimdienstler, der nächtens die Unity unter die Lupe nimmt......

So oft wie möglich sitze ich in der Arbeitsecke am Schreib- und Zeichentisch und damit mir die Sonne nicht allzu sehr auf den Bildschirm scheint, ist über der Decksluke ein kleiner Schirm befestigt, was bei jedem Blick nach oben eine heitere Atmosphäre vermittelt (Bild oben). Für Kühlung sorgt ein ausgedienter Computerlüfter neben dem Arbeitsplatz, den ich auf ein Brettchen montiert habe - ein wirklich "cooler" Tipp für alle Wohnmobil- und Schiffsarbeiter: das ca. 9 cm messende Lüfterchen verbreitet genau die Brise, die am Arbeitstisch nötig ist, ist flüsterleise, erzeugt keinen "Zug", verbraucht kaum Strom, läuft (wie viele Computerkomponenten) mit 12V und hält, da es für Dauerbetrieb ausgelegt ist, "ewig".
In der ersten Woche meines Aufenthaltes in Korfu war frühes Aufstehen angesagt: tagsüber kletterten die Temperaturen auch hier im Schatten nahe an die 40 Grad und da die Unity in einem windgeschützten Eck stand, war kein kühlendes Lüftchen zu spüren. Also nutzte ich die morgendliche Frische und bekam immerhin um halb fünf Uhr einen wunderschönen Sonnenaufgang zu sehen.

In der Tageshitze behalf ich mir dadurch, dass ich alle halbe Stunde zum Wasserschlauch ging und in voller Bekleidung eine Dusche nahm - sofern man Bermudashorts, T-Shirt und Baseballmütze noch als "volle Bekleidung" bezeichnen kann. Aber auf das Niveau, nur mit einem Tanga-String-Höschen angetan (keine Seltenheit) in Erscheinung zu treten, wird mich auch die örtliche Mörderhitze in Verbindung mit schwerer körperlicher Arbeit nicht hinab zwingen. Bootsputz an Deck und am Rumpf, erste Räumarbeiten, Rumpf einwachsen und polieren, Unterwasserschiff mit Antifoilingfarbe anpinseln - nach ein paar anstrengenden Tagen gab ich der Marinaleitung den Bescheid "Ready to go!" und am Montag den 03. Juli streckte die Unity wohlig ihren runden Bauch wieder in ihr Element.

Ich hatte nach der Wasserung kurz alle Hände voll zu tun: Alle Seeventile dicht und gängig? Auch sonst kein Wassereinbruch? Alles war im grünen Bereich. Nachdem ich zuvor bereits alle Öl- und Wasserstände kontrolliert hatte, kam nun der beherzte Griff zum Zündschlüssel. Kein Mucks. Nachdem ich ein Mal tief durchgeatmet hatte, verband ich mit dem Hauptschalter sämtliche Batterien an Bord zu einer "konzertierten Aktion". Die Maschine sprang sofort an, aber jetzt war klar: die Batterien hatten einen "Knacks". Wir hatten sie im Dezember nicht vom System abgekoppelt, da wir meinten, nach 4-6 Wochen wieder zurück zu sein. Daraus waren nun über 7 Monate geworden - die Batterien hatten sich tiefentladen und waren "fertig" - vollends dadurch, dass eine Luke etwas undicht ist und durch die eindringende Feuchtigkeit wohl zumindest temporär ein Kriechstrom entstand. Da halfen auch die Solarzellen nichts mehr. Auch der Kühlschrank, den wir ja bereits im letzten Jahr reparieren lassen mussten, hatte mittlerweile endgültig schlapp gemacht - einige saftige Ausgaben belasteten auf diese Weise mein Budget ganz schmerzlich, aber was sein muss ...
Als die Unity endlich an ihrem Platz am Steg dümpelte, ereignete sich Mysteriöses: jeden Morgen fand ich irgend eine Kleinigkeit im Ruderhaus verändert: Dinge lagen nicht mehr da, wo ich mir eigentlich sicher war, sie abgelegt zu haben, dann befand sich plötzlich eine andere CD im Player, als die, die ich zuletzt gehört hatte. Zuerst vermutete ich noch einen Irrtum meinerseits, als aber eines Morgens eine Lampe unweit meiner Koje heraus gedreht war und offensichtlich an meinem Laptop hantiert worden war, musste ich zur Kenntnis nehmen, dass jemand meinen (recht gesunden) Schlaf dazu nutzte, heimlich nachts aufs Boot zu kommen und gewollt Spuren seiner Besuche zu hinterlassen. Des Rätsels Lösung ohne ausführliche Darlegung aller Details, Beweise und Indizien: Mir gegenüber am Steg lag das Boot eines italienischen Ex-Militärs und Geheimdienstlers, dem aus unerfindlichen Gründen vermutlich "meine Nase nicht passte", obwohl (oder gerade weil?) ich nie mit ihm Kontakt gehabt habe. Da alle Boote rechts und links am Steg unbewohnt waren, konnte er ohne Angst vor Zeugen seine (ziemlich "kranken" und illegalen) Nachtaktionen durchführen, um mir einen Schrecken einzujagen, damit ich meinen Platz in der Nähe seines Bootes aufgebe. Ich reagierte zuerst "dickfellig" und schloss einfach nachts die Türen meines Ruderhauses zu. Als das Aas mir daraufhin jedoch mitten am Tag einen Ruderhausschlüssel klaute, gab ich auf und wechselte den Platz. Die Marinaleitung wollte mich unter den Schutz der Coast Guard stellen, aber ich war mir sicher, dass nach dem Liegeplatzwechsel Ruhe einkehrt. Dass ich recht behielt, war ein letzter Hinweis auf die Identität des Übeltäters. Es ist beängstigend, welch in jeder Weise "gestörten" Naturen man zuweilen auf der "freien Wildbahn" internationaler Häfen begegnet. 

In der Rubrik "Das Letzte" heute mal etwas Nettes nach all dem Malör: Am Steg wurde ich heute von einem mir bisher unbekannten Menschen fröhlich mit "Hallo Thomas!" begrüßt. Es stellte sich heraus, dass er seit einiger Zeit dieses Logbuch mitliest. Ein Motorbootbesitzer, der auch meine Bemerkungen zum Motorboot gelesen hat - und in Kürze auf ein bereits geordertes Segelboot umsteigt .... ;-) .... Auch ein "einverständnisinniges" Mail eines Charterseglers zu diesen Seiten erreichte mich. Danke! Laut Statistik besuchen diese Seite mehrere Tausend Menschen pro Monat und laden im Schnitt 17000 Seiten herunter (ein Transfer im Gigabite-Bereich). Schön, wenn ab und zu dann auch mal ein Feedback kommt.

 

Nachsatz: diese Seite wird erst veröffentlicht, wenn ich mich nicht mehr in der "Marina Gouvia" in Korfu aufhalte und damit auch nicht mehr direkt nachvollziehbar ist, um welches Boot genau es sich bei der nächtlichen Geschichte handelt(e). Der auf den geschilderten Indizien begründete Verdacht hätte, bei aller Schlüssigkeit und Offensichtlichkeit, wahrscheinlich nur durch eine offizielle Anzeige und ein Verfahren mit dem Sammeln von Fingerabdrücken und einer Schiffsdurchsuchung (bei einem Datenkabel konnte der Besucher anscheinend doch nicht widerstehen) nachgewiesen werden können. Ich will jedoch kein weiteres Jahr (wenn´s reichen würde...) in Griechenland bleiben, sondern in wenigen Tagen auslaufen....