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Persönliche Gedanken zur Weihnacht 2013

 

Bevor wir uns dem weihnachtlichen Feiern "ergeben" hier noch ein paar persönliche Gedanken zum Fest:

Weihnachtsmänner waren mir schon in meiner Kindheit zutiefst suspekt. Ein einziges Mal durfte einer unser Wohnzimmer betreten. Nicht auf meinen Wunsch hin, meine Eltern hatten die seltsame Idee. Ich machte einen solchen Rabatz, dass das haarige Arschloch nie wieder in unserer Wohnung oder auch nur in der Nähe des Hauses gesichtet wurde. Wer mich "HoHoHo" so dumm von der Seite anmacht, war mir schon als Kind zutiefst zuwider. Nachdem ich im Lauf der Jahre mitbekam, welch kommerzielle Zuhälter-Funktion der rote Heini hatte, konnte er froh sein, dass ich im Grunde kein allzu aggressiver Mensch bin. Also gingen wir uns ab unserer ersten missglückten und Gott sei Dank einzigen Begegnung wohlweislich so gut als möglich aus dem Weg.

Ansonsten erlebte ich als Kind wunderschöne Weihnachten. Und die fingen, wie es sich eigentlich gehört, mit dem ersten Advent an: ein großer, wohlriechender Adventskranz thronte ab da an prominenter Stelle im Wohnzimmer, abends wurden bei Kerzenschein gemeinsam Lieder gesungen, Geschichten vorgelesen, es wurde gebastelt und die ersten selbstgebackenen Plätzchen wurden verkostet. Im Laufe der Adventszeit kamen dann Lebkuchen und das phantastische Früchtebrot von Mama (mit Butter!) dazu.

Es war eine besondere und eine besonders schöne Zeit, auf die ich mich jedes Jahr freute. Und dann kam Weihnachten. Mit Kirchenfeier, Ritualen, Krippenspiel, Gedichten, Gesängen, Weihnachtsbaum - besonders wichtig war damals der Baum zu Hause. Mit Goldlametta, Bienenwachskerzen und viel Deko, bis hin zum filigranen Engel auf der Spitze. Seltsam - an die Geschenke erinnere ich mich kaum mehr. Aber an die Lichter, die Lieder, die viele Zeit, die wir als Familie gemeinsam verbrachten. Die schöne alte Krippe. Und unabdingbar die Poesie der Weihnachtsgeschichte: "... und es waren Hirten auf dem Felde, die hüteten des Nachts ihre Schafe ...". Und dann die Engel, der Stall, die Tiere, Maria und Joseph, nicht zuletzt das Kind.

Und das alles im tief verschneiten Schwarzwald.

Als ich vierzehn Jahre alt war, war Schluss damit. Mein Vater starb ausgerechnet am Ersten Weihnachtsfeiertag morgens um Sieben. Das legte die folgenden Weihnachtsfeste in Schutt und Asche. Auch weil unser Vater immer für das Rituelle und Zeremonielle in der Familie zuständig gewesen war. Wie wenig ohne das ein Weihnachten zu haben war, war ab dem ersten Weihnachten ohne "Papa" überdeutlich. Da halfen weder gutes Essen noch Geschenke.

In der Folge dieses Traumas wurde ich zum Weihnachtsvermeider.

Das nächste Weihnachten, an das ich mich erinnere, feierte ich mit Freunden am Strand von St. Tropez in Südfrankreich. Dicke Pullover, Lagerfeuer, gegrillter Fisch, Gitarre und "The answer my friend, is blowing in the wind....". Irgendwie musste dieses Fest ja begangen werden und "Kinderland war abgebrannt" - samt Weihnachtsfest und alledem.

Aber sehr bald empfand ich das dann doch zu sehr als etwas unbeholfene Vermeidungsstrategie. Ich arbeite bereits im Krankenhaus, was mir für die nächsten Jahre ein wunderbares Alibi, mir selbst und meiner Familie gegenüber, verschaffte: Weihnachten hatte ich "Dienst". Meine Kollegen freuten sich und ich musste mir keine weiteren Gedanken um verkorkste Alternativen machen.

Das ging fast 30 Jahre ganz gut so - nach 10 Jahren Krankenhaus, hatte ich dann 20 Jahre lang jeden Dezember "JahresAustellung", die mich mit Nachbereitung bis kurz vor Weihnachten voll und ganz beschäftigte. Danach verfügte ich mich ermattet hinter meinen offenen Kamin, kochte was Gutes, stellte das Telefon ab und hielt Winterschlaf bis Anfang Januar.

Mit Elisabeth und ihrem Beruf als Kirchenmusikerin kam dann aber doch wieder das kirchlich zelebrierte Weihnachtsfest zurück. Plötzlich entdeckte ich, was mir die Jahre zuvor gefehlt hatte: die Lichter, die Lieder, die feierliche Stimmung. Und die Engel. "Die lobeten Gott und sprachen....".

Als Kind hatte ich die Predigten des Pastors noch nicht so recht verstanden. Und nach über dreißigjähriger Abstinenz verstand ich sie, aus anderen Gründen als damals, auch nicht. Wie konnte man angesichts eines Ereignisses mit solch kulturhistorischer Bedeutung einen solch flachsinnig - süßlichen Mumpitz von der Kanzel erzählen? Zu meiner Bestätigung erschien just damals in der “ZEIT” als Kommentar zu vielen Weihnachtspredigten der Artikel “Schluss mit dem Geschwätz!” (s. Bildfile)

Wäre nicht vor zweitausend Jahren "das Licht" in unsere Welt gekommen, unsere Kultur wäre eine andere - wenn sie diese Bezeichnung überhaupt verdienen würde. Die Lehren des Neuen Testaments haben unser Selbstverständnis und unseren Umgang miteinander zutiefst geprägt, egal welche Fehlentwicklungen und Irrtümer im Lauf der Zeit auch immer wieder stattfanden.

Heute feiere ich wieder gerne Weihnachten. Mit Lichtern, mit Liedern, mit dem Verlesen der Weihnachtsgeschichte. Und während der Predigt meditiere ich eben ein wenig. Elisabeth hat an Heilig Abend nicht weniger als sechs (6!) Einsätze als Kirchenmusikerin. Auf vier begleite ich sie gerne. Um an der Orgel zu assistieren, beim Krippenspiel der Kinder, beim Chorgesang während der Christvesper und um 23 Uhr bei der Christmette.

Das Licht kam in die Welt - das feiere ich gerne. Ohne einen Christbaum zu Hause aufzustellen - in den Kirchen stehen ja schöne, große Bäume. Ohne Geschenke: wir beschenken uns das ganze Jahr über, wenn wir etwas Schönes für einander finden und für Spenden ist auch das ganze Jahr Zeit. Also bleibt "nur": feiern. Die Geburt des "Menschensohns", der mit seinen Ideen und Lehren die Welt veränderte und erhellte. Wer sich nur ein wenig für gesamtkulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen interessiert und ein wenig über den Tellerrand unseres Kulturkreises hinaus schauen und denken gelernt hat, weiß, dass es da wirklich einiges zu feiern gibt. Und dafür ist eine Kirche mit Liedern und Lichtern noch immer ein guter Ort.

Und vor der spätabendlichen Christmette, die wir noch einmal gemeinsam besuchen (und “besingen”), koch ich uns noch etwas Gutes, während Elisabeth die vorletzte Feier dieses Heiligen Abends musikalisch begleitet: Friede auf Erden - und uns Menschen ein Wohlgefallen. Schön.

In diesem Sinne die besten Wünsche für ein "gesegnetes" Fest Euch und Ihnen allen!

P.S.: wer den "ZEIT"-Artikel nachlesen möchte - hier kann man das: http://www.zeit.de/2007/51/Predigt