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30 Juni 2004 * Aegina * Man kommt eben immer wieder gerne hier her (oben ein Hafenpanorama) - das gute Wasser (Mineralwasser aus einer Bergquelle - kostenlos am Brünnlein), der hübsche, quirlige Hafen (besonders nett, wenn man an der seeseitigen Hafenmole abseits des Lärms aber mit hübschem Blick auf den langen Hafenboulervard liegt), die guten Versorgungsmöglichkeiten.  In den letzten Tagen waren wir aber noch einmal im Saronischen Golf unterwegs - die neuen Segel testen und ein paar Häfen besuchen, die wir noch nicht kannten. Wir mussten allerdings feststellen, dass man diese Häfen (Korfos, Neu-Epidauros) auch nicht unbedingt kennen muss. Neu-Epidauros ist ein verwahrlostes dreckiges Nest ohne ordentliche Anlegemöglichkeiten und die Art wie wir in Korfos abgezockt wurden, war so hahnebüchen, dass es schon fast wieder lustig war. Eigentlich wissen wir, dass man nicht an Taverna-Stegen anlegen soll. Als aber von einer strahlenden Oma ach so freundlich gewunken wurde, machten wir es testweise eben doch einmal - ein Mal und nie wieder! Wir bekamen eine Mooringleine gereicht, die auf dem Wasser schwamm, sodass höchste Gefahr bestand, das Ding in den Propeller zu bekommen (an was die Leine unter Wasser festgemacht war, war nicht ersichtlich - unser Nachbar hatte sich vorsorglich noch einen Anker zusätzlich ausgebracht). Unsere Gangway war nur auszubringen, wenn wir sie direkt vor die Tavernatische platzierten - wir hatten praktisch in der Taverna angelegt (eine andere Anlegemöglichkeit gab es auch gar nicht). Also setzten wir uns eben später an eines der Tischchen, bestellten vorsichtig zwei kleine Salate, einen kleinen Fisch und gebackene Kalamares. Zusätzlich wurden uns mit freundlichem Lächeln noch ein Schälchen mit gedünsteten Bohnen in Soße und sauer eingelegten Paprika gereicht - "Spezialität des Hauses"; das ist aber nett, dachten wir, ebenso als uns noch 5 Aprikosen (eine war vergammelt) nach dem Essen gereicht wurden - bis die Rechnung kam. Die unverlangt gereichten beilagen tauchten mit 17 Euro (34 DM) auf. Dann waren da noch Posten, die unleserlich gekritzelt waren, aber die Zahlen dahinter waren dafür umso deutlicher. Summa Summarum ergab das dann 50 Euro, das sind eben immer noch umgerechnet 100 DM - dafür hätte man in Deutschland vor nicht allzu langer Zeit ein fürstliches Mal bekommen. Was uns serviert worden war, konnte man bestenfalls als das untere Ende von "Hausmannskost" bewerten. Als wir nach Strom und Wasser fragten (wird in manchen Tavernas als Service umsonst gereicht und wäre bei den exorbitanten Preisen opportun gewesen), sollten wir dafür noch einmal je 10 Euro pro Tag bezahlen. Dann wären für ein kleines Abendessen mit Wasser und Strom 70 Euro/140 DM (!) fällig gewesen. Wir verabschiedeten uns freundlich und liefen am nächsten Morgen eilends aus. Die "Politik" der Griechen verstehen wir nicht. Solches Vorgehen spricht sich ja recht schnell herum. Die Neppmentalität der Tavernas ist inzwischen legendär - prompt stehen sie meistens leer. Die Touristenzahlen der letzten Jahre sind permanent fallend (Hotelzimmer mittlerer Kathegorie in Athen 500 Euro/Nacht, Hauszelt für die Dauer der Olympischen Spiele 3500,00 Euro (!!!!)) - alleine in diesem Jahr (2004) ist ein Buchungseinbruch von 30% zu verzeichnen. Dabei steigen die Temperaturen, die Stürme nehmen zu. In ein paar Jahren kann man das Mittelmeer wohl vergessen. Vielleicht wird deshalb nach der Devise "rausholen was (noch) geht" verfahren. Wir haben Griechenland wohl in einer Zeit des Umbruchs "erwischt" und hoffen, dass wir noch eine Weile bleiben können, bis die Verhältnisse auch hier einfach nicht mehr attraktiv sind. Wie unser holländischer Nachbar, eben mit seinem Katameran über die Atlantik-Route eingetroffen auf dem Weg in die Türkei, lakonisch zum Thema Spanien/Frankreich/Italien/Kroatien konstatiert: "Vorbei...". Griechenland gehört in nicht allzu ferner Zukunft wohl auch auf diese Liste. Die Türkei wird folgen, sobald (bzw. sofern überhaupt) das Land in der EU ist.

Die "Taverna"-Politik hat im übrigen auch eine betrügerische Seite im politischen Sinn: seit einigen Jahren wurden auf EU-Kosten (und damit zu einem guten Prozentsatz auf deutsche Kosten...) hunderte von kleinen Häfen saniert und Dutzende Marinas gebaut. Würden die Marinas nun betrieben und in den Häfen eine Anlegegebühr erhoben, müsste Geld an die EU zurückerstattet werden. Also lässt man die Marinas und Häfen halbfertig wie sie sind wieder verfallen und baut drum herum Tavernas, wo immer ein Quadratmeter Platz ist. Mit diesem Trick hofft man, an den neuen Anlegestellen zu verdienen, ohne etwas dafür zu bezahlen. Kommen nun Segler und legen an ohne die (zumeist völlig überteuerten und qualitativ miserablen) Tavernas zu frequentieren, geht der Trick nicht auf. In Korfos haben wir nun die gewalttätige Variante erlebt: Anlegen kostet noch immer nichts (wg. EU), aber der Steg wird zur Taverna, sodass nicht mehr neutral angelegt werden kann. Dieses Vorgehen ist als "Nötigung zum Verzehr" ebenso lästig und schmuddelig, wie wenn man beim Gang durch manche Städte auf Schritt und Tritt von Restaurant-Zuhältern belästigt wird, die einen schon fast körperlich in ihr Etablissement zerren wollen. Außerdem ist es "eigentlich" illegal, aber damit nach unserer Beobachtung auch sehr "griechisch" - es gibt nach unseren Beobachtungen und nach Erzählungen von in Griechenland tätigen nordeuropäischen Geschäftsleuten in Griechenland eine die gesamte Wirtschaft durchziehende Grauzone, die schwer fassbar ist (nach einer neutralen Studie ist Griechenland das EU-Land mit der höchsten Korruptionsrate). Was die Benutzung des Piers betrifft: Man könnte natürlich einfach einen Anker werfen, anlegen und sich nicht um die Abzocker-Tavernas kümmern - rein rechtlich möglich. Einen ruhigen Nachtschlaf hat man dann aber wahrscheinlich nicht - von einigen "zufällig" auftretenden Schäden am Boot gar nicht zu reden. Im etwas verbogenen Rechtsempfinden der Tavernabesitzer werden sie von jedem "betrogen", der ihre Bauernschlauheit umgeht.

Aber jetzt zum Eigentlichen, Wesentlichen, Wahren, Schönen und Erfreulichen: Zum SEGELN! Was wurden uns nicht für Wunderdinge prognostiziert, wenn wir mal neue Segel hätten - dazu ist zu vermerken, dass die Bäume auch hier nicht in den Himmel wachsen. Eine Nauticat33 bleibt eben ein extremer Langkieler. Basta. Am Anfang unserer Tests mit den neuen Segeln waren wir ob der großen Versprechungen jedenfalls etwas enttäuscht. Dazu müssen wir aber zugeben, dass wir auch gleich meinten, mit den neuen Segeln könne unsere Unity, was sie nun mal einfach nicht kann: sehr hoch an den Wind. Mehr wie 40° sind eben nicht drin - und auch da wird sie schon sehr langsam. Außerdem müssen die neuen Segel völlig anders getrimmt werden, wie die alten, was wir auch erst Stück für Stück in Erfahrung bringen müssen: Gestern Vormittag legten wir in Alt-Epidauros ab und setzten gleich vor dem Hafen die Segel. Ein Lüftlein von 2 Bft. und wir wollten möglichst hoch "gegenan" > Die Kiste lief nicht. Bis uns Peter (SY Cats), dem wir ein enttäuschtes SMS schickten, umgehend mit einem Antwort-SMS daran erinnerte, dass wir jetzt Trimmfäden an den Segeln haben und uns bitteschön diese auch mal anschauen sollten. Also wurden die Fähnchen argwöhnisch beobachtet, dann wurde hier ein wenig ausgelassen, da ein Holepunkt verstellt und dort noch etwas justiert. Plötzlich lief´s wie am Schnürchen. Seit langer Zeit sind wir wieder einmal eine Strecke von Hafen zu Hafen komplett gesegelt. 16 Seemeilen in 5 Stunden bei Winden zwischen 2 und 5 Beaufort. Wenn man bedenkt, dass fast die ganze Zeit "hoch am Wind" gesegelt wurde (wirklich nicht die Lieblingsdisziplin eines Langkielers) und die Hälfte der Strecke nur ca. 2 Beaufort Wind zur Verfügung stand, ist ein Schnitt über 3 Knoten beachtlich. Das letzte Stück mit Winden zwischen 4 und 5,5 Bft. preschten wir aber dann mit Reff2 und 3 in der Genua und voll gesetztem Hauptsegel voran. Eigentlich hätte natürlich zuerst das Hauptsegel statt der Genua gerefft werden sollen - wir haben aber noch nichts vorbereitet, mit dem wir am Hauptsegel provisorisch reffen könnten (ordentliche Beschläge gibt es hier nicht - die müssen wir erst im Herbst aus Deutschland mitbringen). Und unsere (Schräg-)Lage mahnt nun mal ab 4 Bft aufwärts ein Reffen an. Also musste es eben mal so gehen - wobei gesagt werden muss, dass unsere 145%-Riesengenua auch gerefft noch ganz ordentlich Tuch in den Wind hält. Inzwischen sehen wir auch die Lage des Schiffs gelassen: Wenn das Wasser ca. 10 cm unterhalb der Deckskante vorbei rauscht, ist ein Punkt erreicht, an dem sich das Schiff immer schwerer "legt", da durch die Drehung des Schiffs um die Längsachse der seitlich nach oben wandernde Kiel ein immer größeres Gewicht auf der Gegenseite darstellt. Trotzdem kann man natürlich auch eine Nauticat "flachlegen" - und das passiert dann sehr plötzlich, wenn ein bestimmter Stabilitätspunkt überschritten ist. Also halten wir unsere Lage unter 15% (von wagemutigen Tests wissen wir, dass auch 25-30% "drin" sind, aber dann wird´s sehr ungemütlich). 10-15% Lage reichen gegenan für bis zu 5 Knoten. Wiederum haben wir bereits mit den alten Segeln auf "raumen" Kursen (Wind schräg von hinten - Lieblingsdisziplin eines Langkielers) bei 5-6 Bft. Wind Spitzengeschwindigkeiten von knapp 7 Knoten erreicht. Das kann sich durchaus sehen lassen und ist mit den neuen Segeln vielleicht sogar noch zu "toppen".

Es macht riesigen Spaß, so unter Segeln über´s Meer zu pflügen. Am Steuer wurde mal wieder wie gewohnt abgewechselt: Das "Rumtüfteln", wie man bei 2 Bft. noch vorwärts kommt, durfte ich übernehmen, während die Damen Mittagsschlaf hielten. Bei der Rauschefahrt mit spektakulärer Schräglage enterte dann aber Steuerfrau Elisabeth den Platz am Steuerrad, um ganz "profitlich" (wie sie das nennt) das Boot durch die inzwischen weiß gekrönten Wellen tanzen zu lassen. Selbst Pia setzte sich stolz zwischen Elisabeths Beine vor´s Steuer - na da wurde ich nicht mehr groß gebraucht. Ich durfte ein wenig assistieren und im Übrigen fotografieren gehen..... hier eine kleine Bildseite.