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Kiáto + Korinth, 12. Juli 2004

Sturm 6-10 Bft. - und das fast den ganzen Tag! Aber wir liegen sicher im Hafen von Kiato längsseits ablandig und genießen das beste vom Sturm: Meterhohe Wellen am kleinen Sandstrand gleich neben dem Hafen - türkisgrün, warm, Südsee-Feeling. Dass nebenbei durch das emsige Windrad die Batterien geladen, der Kühlschrank gekühlt und das Laptop betrieben wird - auch nett.

Heute morgen legte Florian, unser Bootsnachbar in Korinth, bereits um 5 Uhr ab, da legten wir gleich nach. Um 6:30 Uhr waren auch wir draußen bei immerhin 6 Bft. Wind. Da kam erst mal nur das Sturmsegel dran - es könnte ja auffrischen. Tat es aber nicht. Bis wir "ordentlich" Segelgarderobe setzen konnten, ging der Wind zurück auf 2 Bft. und kam aus wechselnden Richtungen. Wir wollten ohnehin nur bis Kiáto, das war auch in 1,5 Std. gemütlicher Motorfahrt zu machen. Als wir auf Kiato zuliefen und die Stadtsiluette mit dem Fernglas nach der richtigen Einfahrt in den richtigen der drei Häfen absuchten, entdeckten wir beim schweifenden Blick inmitten der Häuser, Kirchen und Türme das Zeichen - dem Seefahrer heutiger Tage so wertvoll wie früher der Leuchtturm: strahlend gelb, rot, blau - ein Lidl-Markt! Kiato war uns sofort sympathisch. Und blieb es: Sicherer Hafen mit Frischwasser, nettem Strand, Längs-Liegen, quirliges Städtchen gleich dabei - hier lässt sich wohl sein.

Rückblende: Am 10. Juli setzten wir von Aigina endlich zur Einfahrt des Kanals von Korinth über, nachdem uns Starkwindmeldungen noch einmal ein paar Tage im Hafen von Aigina festgehalten hatten, was uns jedoch nicht besonders störte - wir sind ja mit unserer Unity überall "zu Hause" und Aigina mochten wir auch sehr gerne. Außerdem gibt es in solch lebhaften Häfen fast täglich neue Nachbarn - manch nette und interessante Bekanntschaft ergibt sich so.

Aber dann hielt uns nichts mehr. Schließlich wollen wir ja noch ins Ionische Meer. Also brachen wir frühmorgens auf. Ein paar nicht sehr ergiebige Segelversuche und ein Badestopp mitten auf dem Meer verlängerten unsere Reise auf 5 Stunden, aber dann steuerten wir geradewegs auf unser Ziel zu. Den Kanaleingang schon fest im Blick, erinnerte ich mich, im Sea-Guide etwas von "Anmelden bei der Kanalbehörde" gelesen zu haben. Also schnell ans UKW, Kanal 11: "Korinth Canal Control, this is Motorsailing-Yacht Unity approaching the channel from South-East - over". Frage- und Antwortspiel, wie weit wir noch entfernt sind, wann wir voraussichtlich da sind, Einweisung zur Annäherung und zum Anlegeplatz - wir kamen uns vor, wie ein Jumbo-Jet im Anflug auf "JFK-New-York". Letzte Meldung mit "Over and out" beendet, kurz darauf gaaanz locker die Unity zwischen die bereits wartenden Boote ans Kai längsseits manövriert und noch während Elisabeth die Leinen festmachte, eilte ich zur Kanalbehörde, entrichtete das Salär von ca. 100 Euro, eilte zurück und schon hieß es, den bereits ablegenden Fähren und Schleppern zu folgen - alles hatte grade noch auf uns gewartet, bis der Konvoi loszog. Dass der Kanal schon sehr alt ist, sieht man: man meint durch eine Mischung aus tiefer Gebirgsschlucht und Ausgrabungsstätte zu fahren. Rechts und links himmelhohe, fast senkrechte Abhänge, teilweise eingestürzte Mauern und Stützwände, Ausbuchtungen mit türkis-farbenem Wasser über sandigem Grund, wie kleine versteckte Badebuchten, das Fahrwasser so schmal, dass selbst wir Acht geben mussten, in den starken Strudeln keine Untiefe zu erwischen. Hoch oben ein paar Brücken, von denen hin und wieder schreiende Menschen fielen und an Gummiseilen zurück nach oben schnellten. Man hätte meinen können, das wäre der definitive Wasserweg in den Hades (aber der soll ja laut Legende weiter nördlich am Acharon-Fluß liegen (waren wir schon - leben noch). Hinter uns noch ein kleines Motorboot mit einer Blondine auf dem Vordeck, die die Durchfahrt "oben ohne" genoss, wie mir Elisabeth grinsend mitteilte - ich konnte mich leider nicht umdrehen, weil die ganze Aufmerksamkeit von den Wasserstrudeln in Beschlag genommen wurde. Elisabeth schoss ein paar Bilder nach hinten - allerdings mit Focus auf die Kanalsicht, und so kam auch auf den Photos die Blondine nur undeutlich ins Bild. Ich will ja nun nicht behaupten, dass das in der Absicht meiner Gattin lag .... ;-)

Da wir schon sehr früh aufgestanden waren und fanden, dass die Kanaldurchfahrt Abenteuer genug für den Tag war, legten wir gleich nach der Kanalausfahrt im winzigen Hafen von Korinth an. Wir fanden noch Platz zwischen zwei Booten, die mal wieder die Unterschiedlichkeit der möglichen Nachbarn zeigten: links ein alter Franzose mit blasierter Gattin in einer mickrigen Plastikschüssel, der nur Angst um sein Boot hatte (dann aber bewusst durch völlig unnötige Sicherungsleinen unser Boot beschädigte, obwohl wir ihm zuvor bei starkem Seitenwind geholfen hatten, sein Boot zu sichern) und überhaupt sehr deutlich machte, dass es ihm gar nicht recht war, dass da noch ein Boot neben ihm anlegte (keinerlei Hilfe beim Anlegen) - ein A....., rechts wiederum Florian (s.o.), der von seiner Firma ein "Sabatical" erlaubt bekam und nun in einer kleinen aber feinen Sunbeam26 ein halbes Jahr lang mit seinem 4-jährigen Töchterchen durchs Mittelmeer zieht, während Mutti zu Hause in Ruhe ihren Studienabschluß "baut" . Florian war so ein richtig "Netter" - hilfsbereit, freundlich, guter Gesprächspartner beim Feierabendbier. Schön, dass es das eben auch gibt.

Ein kurzer, aber besonderer Abschnitt sei einem sehr willkommen Gast im Hafen gewidmet: fast den ganzen Nachmittag schwamm ein verspielter Delphin durch das kleine Hafenbecken. Er fand es offensichtlich lustig, dass ihn alle begrüßen wollten, und zu ihm ins Wasser sprangen. Er lies sich berühren und tobte mit den Kids stundenlang durch´s Wasser, bis er sich gegen Abend mit ein paar eleganten Schlenkern wieder verabschiedete.

Am Abend gabs auf dem Korinther Hafenplatz Jazzfestival bis 24:00 in Megalautstärke. Tags darauf beschlossen wir, noch "Ancient Korinth" zu besuchen. Als Tipp von Freunden (nur 2-3 Kilometer entfernt, gaaaanz toll). Die Realität war 11 Kilometer entfernt (wir fuhren mit den Bordradeln durch ca. 100 Grad Celcius heiße Lavapiste) und danach fanden wir uns auf einem weitläufigen Steinbruch mit drei Säulen wieder, die Temperatur war inzwischen auf 150° gestiegen. In einer Ecke des Museums wurde denn auch der letzte Besucher, den der Hitzschlag getroffen hatte, als warnendes Beispiel ausgestellt:

Außer einer Grotte mit intakter Quelle (das war bei der Hitze nun wirklich etwas sehenswertes) gabs noch die üblichen Mosaiken, viele Statuen von Menschen in Leintüchern, Marmorköpfe blasierter Jünglinge und Männer mit ondulierten Bärten, dazu ein paar ziemlich gewalttätige Splatter-Reliefs von Menschen die äußerst unfreundlich miteinander umgingen. Die Zeiten waren halt ziemlich archaisch damals - die Veranstaltung heißt ja auch "Archaia Korinthos". Da sind die Griechen heutiger Tage doch viel zivilisierter - alle unterhalten sich ständig über Handy miteinander, fahren BMW, wohnen in Appartmenthäusern und gewinnen die Fußball-Europameisterschaft. Dadurch können wir inzwischen auch ein griechisches Wort: die Steigerungsform von "gewinnen" heißt auf Griechisch inzwischen "rehageln". Unbestätigten Gerüchten zufolge soll dem Trainer (D) der Nationalmannschaft (GR) auf der Athener Akropolis ein Standbild errichtet werden, das ihn in Leintüchern darstellt - wahrscheinlich so was wie der Ritterschlag in England. In Korfu steht schon ein mehrere Meter hoher Marmor-Deutscher mitten in der Stadt - dem Vernehmen nach ein großer Stratege (der hatte seine Klamotten aber aus Venedig mitgebracht und daher keine Leintücher an) und die griechische Nationalflagge in blau-weiß stammt ja von einem bayerisch-stämmigen König Otto aus dem 19. Jahrhundert. Jetzt also hat´s Einer geschafft, in Personalunion ein "Otto Strategos" zu sein. So entstehen Legenden....

Inzwischen haben wir schon den 13. Juli - und es stürmt noch immer. Trotzdem sind heute morgen die meisten Boote um uns herum ausgelaufen. Wir haben gestern zwar noch freigebig unsere sehr guten Wetter-Infos vom Griechischen Institut für Ozeanographie verteilt, aber anscheinend macht es einigen Menschen Spaß, bei einem Sturm von 8 Bft (!) und meterhohen Wellen auf dem Meer rumzuschaukeln. Wir haben die Port-Authority bei unserer Anmeldung gleich vorgewarnt, dass wir mindestens 3 Tage unseren Hintern nicht von ihrem Pier wegbewegen - ab Donnerstag macht sich noch ein schweres Sturmtief vom Ionischen Meer direkt über unsere POsition hinweg auf den Weg in die Ägäis. Sicher liegen am geräumigen Pier mit Sandstrand, Frischwasser-Zugang und Lidl-Markt oder Sturmfahrt mit unsicherem Fischereihafen? Da fällt (uns) die Wahl nicht schwer....