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Donnerstag, 16. Oktober 2003 * Kalamata Marina * Die ersten drei Wochen im Winterquartier sind vorbei. Wir leben uns ein und lernen die Stadt kennen. Wo gibt es einen Bäcker der Vollkornbrot bäckt, einen Metzger der Knochen für Pia hat, eine Buchhandlung in der man die "Zeit" bekommt, wo können wir einen kleinen Staubsauger kaufen, Filme entwickeln lassen, Wäsche waschen, Computerzubehör besorgen, die Rechnung unseres griechischen GPRS-Datenhandies bezahlen. Was eben so benötigt wird, um unser Leben möglichst normal ablaufen zu lassen. 

Wobei das "normal" manchmal leicht ins Schwanken gebracht wird. Zum Beispiel, wenn man nachts um ein Uhr in den Lauf einer Pistole schaut, die auf einen abgefeuert wird. Man muss eben nur auf dem Weg von den Sanitärräumen an einer alten Motoryacht mit einem völlig zugeknallten Althippie (Holländer - Mitte Fünfzig) und seiner besoffenen Gefährtin (Engländerin - Mitte Vierzig) andeuten, sie mögen doch bitte die Musik etwas leiser machen, damit sie keine Schwierigkeiten bekommen (ich hatte bereits davon gehört, dass sich andere Yachten bei der Marinaleitung über die Beiden beschwert hatten). "Fucking Germans - we will kill you and your fucking dog! Fucking, fucking, fucking ...." so der Originalton. Dann Schuss. War "nur" eine Luftdruckpistole, kann aber, wenn´s trifft auch gehörigen Schaden anrichten. Wir hatten zuvor keinen Kontakt mit dem Boot, da die beiden Bewohner stets betrunken oder unter Drogen oder beides sind und stets laute Musik spielen (was in einem Hafen, wo man Boot an Boot liegt, recht lästig und einfach "out of style" ist). Vielleicht provozierte gerade die Tatsache, dass wir das Boot (und seine Besatzung) stets so gut wie möglich ignorieren. Jedenfalls kann man jedem Segler trotzdem nur raten, um Boote mit abgestürzten Freaks den größten Bogen zu machen - wir haben in den letzten Monaten einige Negativbeispiele beobachtet. Das hier war jedoch das krasseste. Da ich keine polizeiliche Anzeige erstattete (man hört ziemlich heftiges vom griechischen Gefängniswesen) wurde dem Hippie von der Marinaverwaltung nur mitgeteilt, dass er fristlos den Hafen verlassen muss, falls sein Boot noch einmal im geringsten auffällt. Da der nächste "Absturz" vorprogrammiert scheint, dürfen wir gespannt sein. Ich habe meine Jugend zwar in der Zeit der Hippie-Ära erlebt, auch mal lange Haare und abgewetzte Jeans getragen und hatte dies und das mit entsprechendem existenzialphilosophischem Unterbau am bürgerlich gesitteten Leben meiner Elterngeneration auszusetzen. Aber ich glaube, ich mochte schon damals keine durchgeknallten Freaks. Das hat sich vielleicht seit vorgestern noch etwas verstärkt .... 

Abgesehen von solchen Negativerlebnissen muss jedoch gesagt werden, dass wir hier eine überwiegend nette "Comunity" aus Engländern, Schweizern, Franzosen und Deutschen haben. Es "menschelt" zwar hier auch wie überall, aber das  hat auch seine lustigen Seiten.

Ansonsten werkeln wir fleißig vor uns hin. Was im Lauf der letzten Monate ausgedacht und notiert wurde, soll jetzt in "feste Formen" gebracht werden. Dazu braucht es Sitzfleisch und disziplinierte Arbeit. Wie das eben bereits bei meiner Arbeit mit Bildern war. Es ist spannend, was daraus entstehen wird. Freunde, die die ersten Kapitel mit der Bitte um ehrliche Kritik zu lesen bekamen, fanden die Anfänge jedenfalls sehr ansprechend. So viel kann bereits verraten werden: Das erste Werk wird voraussichtlich "PIA" heißen und den Untertiel "von Menschen, Booten und Hunden" tragen. Warum soll ich etwas weit Hergeholtes konstruieren, wenn die besten Stoffe so nah liegen? Wer Interesse hat, möge sich mit mir in Verbindung setzen - ich freue mich über kritische Hobbylektoren, die mir beim sprachlichen und konzeptuellen Feinschliff helfen. Die Seiten werden, evtl. mit Passwortschutz, auf dem Server unter eigener Adresse gespeichert, sollen aber nicht allgemein zugänglich sein.