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Pythagoreio

(Insel Samos)

21. Juli 2005

Ich geb´s ja zu - Pythagoreio hat uns auf dem falschen Fuß erwischt - hätten eben nicht mitten in der Hochsaison ankommen müssen. Das Nest ist Weltkulturerbe, hatte in antiken Zeiten große Bedeutung durch seine geographische Lage und den geschützten Hafen. Die Ausgrabungen beweisen die einstige Bedeutung, der traditionelle Anbau von Gewürzkräutern ist bemerkenswert, die traditionellen Stickereien sind kitschig und dass hier vor 2600 Jahren ein 1 km langer Bewässerungstunnel (Plan links) von zwei Mannschaften, die sich sogar in der Mitte (fast) trafen, durch den Hausberg gegraben wurde, ist angesichts der Tatsache, dass zu jener Zeit die Germanen noch nicht mal einen Bach ordentlich abzweigen konnten, allemal beeindruckend. Für die stolzen Erben ist nichtsdestotrotz "der Dativ dem Genitiv sein Tod", wie die Überschrift der Karte zeigt. Jedenfalls ist alles ungeheuer kompliziert .....
 

Wir genießen einstweilen unsere ruhige Marina, gehen jeden Tag an unserem kleinen Privatstrand neben der Marina baden, machen abends einen Spaziergang "ins Dorf" - und arbeiten. Elisabeth bastelt nebenbei fleißig an ihrem Logbuch, in dem im Vergleich zu meinen Bemerkungen oft so ganz andere Dinge Erwähnung finden. Ich wiederum folgte der Einladung zu einer Ausstellung in Deutschland dergestalt, dass ich kurz entschlossen einige neue Bilder malte (drei - um genau zu sein), was mein "Malarm", nachdem er sich einige Jahre Erholungsurlaub genommen hat, erfreulicher Weise wieder ohne Zicken mitmachte. Das Thema war "Engel", wozu ich ja vor Jahren bereits eine komplette Einzelausstellung bestritten habe (von der aber kein einziges Originalbild mehr verfügbar ist). Programmatisch war damals mein Titel "Wir Engel": Ebenso wie ich eine Personalisierung des symbolischen Begriffs "Gott" ablehne, ist für mich "Engel" auch "nur" ein Synonym für Dinge, Menschen, Gegebenheiten, die eine hilfreiche Verbindung herstellen zwischen uns, unserem Fühlen, Denken und Handeln und einer Kraft, die "jenseits aller menschlichen Vernunft" waltet. Unser Schiff und unsere Erlebnisse darauf sind für mich zur Zeit ein hilfreicher Engel, Elisabeth und unsere Beziehung ganz sicher, meine wiedergewonnene Fähigkeit, Ideen in Form und Farbe umzusetzen ebenso.

 

 

"Bilder über unsere besten Möglichkeiten" war der Untertitel meiner damaligen Ausstellung. Zwei später entstandene Bilder und drei, die ich während der letzten Tage in der Stille "unserer" Marina gemalt habe, wandern nun als Ausstellungsbeteiligung zu "Engel über Deggendorf". Die bereits existierenden Bilder beinhalten etwas Ironie und heißen "Antiphone in Sabbatis" (links) und "Love Letters - Hope2" (rechts):

 

Unten links die Neuinterpretation eines Motivs, das ich bereits vor Jahren in Akryl auf Holzplatte ausgeführt habe: "Jakobs Leiter - there will be joy...". Die neue Version ist lebendiger und graphisch anspruchsvoller ausgeführt. In der Mitte ein komplett neu entwickeltes metaphorisches Motiv "... denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne ...". In den Hintergrund eingearbeitet ist das altägyptische Zeichen für "Leben" und das chinesische Zeichen für "glückliches Leben". Die Vermischung von Flora und Fauna im Vordergrund weißt darauf hin, dass ich die Welt als "Unity" begreife (weshalb ja auch unser Schiff so heißt). Rechts: "Jakob - Der Kampf mit dem Engel". Engel werden landläufig so oft als liebe Idioten dargestellt. Das sollte in meinen Augen korrigiert werden. Ich "ringe" mit meinen Engeln fast ebenso oft, wie ich mich mit ihnen in trauter Eintracht befinde (fragen Sie mal meine Gattin Elisabeth - smile). Auch dieses Bild hatte bereits einen "Vorläufer" in Akryltechnik.

Alle Bilder (oben und unten) sind in (m)einer Mischtechnik gemalt: Aquarell, Graphit, farbige, wasservermalbare Kreiden, verschiedenfarbige Tuschen, wasservermalbare Farbstifte - und was mir sonst grade noch unter die Finger kommt: zur Anwendung kam im Laufe vieler Bilder zum Beispiel farbiger Nagellack, Goldbronze, Autolack, Markierstifte, Computereindruck, Gouache, Pastellstifte, reine Farbpigmente, Eisenfeilspäne, Prägungen, aufgeklebter Sand, Pflanzenfasern und vieles andere.

 

 

Ein Bild, auf das ein lieber Freund bereits seit mehr als einem Jahr geduldig wartet, will ich nun auch noch in Angriff nehmen. Zum Wochenende soll es wieder Starkwind geben. Dessen Ende warten wir ganz gelassen in unserem "stillen Eck" ab und sobald die Bedingungen wieder freundlich aussehen, geht´s weiter. Wenn möglich zur oft sturmumtosten Insel Ikaria nach Westen. Wenn das nicht möglich ist, "ganz einfach" mit den vorherrschenden nördlichen Winden weiter nach Süden.

 

Nachtrag 24. Juli 2005:

Auch das letzte Bild meiner "Hausaufgaben" konnte ich noch fertig stellen: Ein ganz bestimmter Winkel unserer Wahlheimat bis zum Frühjahr 2003, Dinkelsbühl. Der Auftrag bestand seit 2 Jahren, aber mein Arm wollte noch nicht so recht. Nun hat es um so mehr Spaß gemacht. Es ging mir bei dem Motiv darum, den Charakter eines Häuserensembles durch eine Zusammenschau zu portraitieren. Das Bild ist die (vorläufig?) letzte Arbeit in einer langen Reihe von Bildern, die im Laufe der letzten 20 Jahre zu diesem Thema entstanden. Nebenbei ist es auch ein Beleg dafür, dass die direkte Inspiration eines "Genius Loci" nicht unbedingt notwendig ist - ich habe das Motiv nach einer Serie von Digitalaufnahmen entwickelt, die ich im Winter 2004/05 vor Ort schoss. Aber ich habe ja auch schon vor vielen Jahren eine Serie von über vierzig Winter- und Nachtbildern gemalt - nach durchweg am Tag photographierten Vorlagen, mitten im Sommer bei strahlendem Sonnenschein auf meinem Balkon. Die Serie erhielt viel Zuspruch - als ich sie im darauf folgenden Dezember präsentierte...

Jetzt warten wir nur noch auf "besser Wetter". Das heißt nicht, dass es hier nun regnete oder kühl wäre. Aber eine Starkwind - Vorhersage für die nächsten beiden Tage veranlasst uns, noch etwas hier zu bleiben und abzuwarten. Wir haben ja Zeit und vielleicht entsteht so noch ein Bild, dann zum Thema "Segeln" was ja nicht die schlechteste Art wäre, einen Starkwind "abzufeiern".