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01. März 2005

 

Nicht viel los im Hafen - was uns grade recht ist. Der Regen trippelt ein dezentes Stakkato auf das Dach des Wohnmobils und auf die Plexiglasscheibe des großen Schiebedachs im Ruderhaus. Das gibt Zeit und Muse, uns unseren selbstgestellten "schöpferischen" Aufgaben zu widmen. Sobald die Sonne wieder lacht, lockt die Wärme ins Freie und dann gibt es einige "Hausaufgaben" zu erledigen: Die Reffeinrichtung für Groß- und Besansegel muss noch montiert werden zusammen mit der Umlenkung für das Kutterfall, und das Spinnakerfall soll im Mast eingeführt werden. Außerdem wartet die Dieselheizung von Eberspächer seit geraumer Zeit darauf, endlich montiert zu werden. Hier brauchen wir sie nicht, aber wenn wir wieder gen Norden ziehen, ist sie sicher sehr nützlich. Ganz nebenbei könnten Deck, Geländer und andere Holzteile mal wieder eine Lage Schmierseife zum Reinigen und Nachfetten vertragen. Und-und-und - die Arbeiten auf einem Schiff gehen nie aus. Aber jetzt regnet es und das entbindet uns vorübergehend von diesen Verpflichtungen. An Bord werkelt Elisabeth mit Synthesizer und Computer in der Arbeitsecke an ihrem Musical: Melodie durchlaufen lassen, noch eine Stimme aufspielen, einen Begleitakkord ändern. Die meisten Melodien, die ich inzwischen auch schon einige Male mitgehört habe, "verfolgen" mich als Ohrwürmer durch den Tag, sodass ich sie selbst hier im Wohnmobil am Schreibtisch vor mich hin summe.

Ich sitze nachmittags im Wohnmobil am Schreibtisch, arbeite an meinen neuen Texten und lese früher Geschriebenes kritisch durch. Überlege, was gelungen ist, was verbesserungswürdig - und was ich selbstkritisch als misslungen einstufe. "Verbesserungswürdig" wird es immer geben - gab es auch bei meinen Bildern bis zum letzten. Aber ausgesprochene Fehler sind ärgerlich. Schachtelsätze, geschraubte, missverständliche und/oder unpassende Formulierungen, Gedankensprünge. Das alles hat sich zwar merklich gebessert in den letzten eineinhalb Jahren, aber der "Meister" fällt eben leider auch hier nicht vom Himmel. Die Bewegung läuft ganz im Gegenteil von unten nach oben: die sichere Handhabung all der erforderlichen Fertigkeiten will mühsam "Hand über Hand" auf meiner "literarischen Yacht" gehisst werden, wie beim Setzen eines Segels. Und bis ein Segel sauber "steht", schlägt und schlackert es eben noch hier und da. Aber je weiter das Segel dann aufgezogen ist, um so mehr glätten sich die Falten. Ab und zu beobachte ich im übertragenen Sinn einen ganz ähnlichen Vorgang, wenn ich alte und neue Texte vergleiche - das "Schlackern" lässt nach. Aber die Arbeit am Segel ist eben erst beendet, wenn das Fall bis zum letzten Zentimeter "durchgesetzt" ist und das Segel faltenfrei "steht". "Virtuosität kennt kein Zögern und kein Vergreifen" - "Virtuosität" klingt etwas abgehoben, daher will ich den Begriff an dieser Stelle durch "gutes Handwerk" ersetzen. Aber sinngemäß geht es genau darum. Oft ist da noch zu viel "Zögern und Vergreifen". Daraus resultiert einerseits die Notwendigkeit, zu erkennen, wo und warum es bisweilen noch "hakt", andererseits aber auch die Erfordernis, das "Werkzeug" nicht ärgerlich oder deprimiert in die Ecke zu feuern, weil die eigene Ambition immer wieder erwartet, dass da vielleicht doch "nur so ein klitzekleiner Meister" vom Himmel fallen könnte. Eigentlich sollte ich es aus meiner Erfahrung beim Malen besser wissen, und weiß es im Grunde ja auch. Aber das "Möchtegern-Genie", ganz tief versteckt hinter allem seriösen Wollen und Tun, würde eben doch ganz gerne ab und zu zum Höhenflug ansetzen. Dann lass ich es eben mal probeweise fliegen, bis es wieder ziemlich unsanft und ganz profan auf die Fresse fällt. Aber immerhin - die "Probeflüge" bessern sich, auch wenn das epochale Werk noch etwas auf sich warten lässt. Welche Erkenntnis mich wiederum gelassen antrifft  - ich habe ohnehin keine Ambitionen, als "James Joyce mit Motorsegler" in die Geschichte der Trivialliteratur einzugehen. Das Prädikat "...hat ein paar schöne Texte geschrieben" reicht für´s Erste vollauf.