Inhalt Texte

News & Info

Inhalt WebSite

dx

Die Texte:

Über Kunst und Sex

Subjektive Bemerkungen

 

Vorwort

Den folgenden Texten soll vorangestellt werden, daß ich selbstverständlich auch Freude an der DocumentaX hatte.

Da jedoch auch das intellektuellste Konzept (oder gerade das - s. G. Benn im Text) seine SchwachStellen hat, was Intelligenz oder gar Klugheit betrifft (Intellektuell heißt nicht zwangsläufig "klug" - da wird mit der deutschen Sprache oft erschreckend schludrig umgegangen) habe ich mich dieser Stellen mit lustvoller Polemik angenommen im Bewusstsein, an einzelnen Stellen krass zu überzeichnen.

Das berühmte "Körnchen Wahrheit", das vielleicht sogar ein ausgewachsener Kiesel ist, möge jeder selbst in oder hinter den Zeilen finden.

Sinn und Sinnlichkeit schliessen sich vielleicht doch nicht so explizit aus, wie Frau David glauben machen möchte. Und "lustvoll" kann wohl auch viel sozialer sein, als die sozialistischen PlattenbauThesen eines Prof. Garcia Düttmann (s.Text).

Meine Konzepte bleiben vorerst zumeist lustvoll verpackt und meine Experimente bezahle ich selbst. So komme ich mit einem ungleich geringeren ArroganzVolumen aus, und muß mich auch nicht verkrampft an jeder Ecke abgrenzen. Ich bin in meinem SelbstVerständnis lieber unabhängig, als mich - hoch subventioniert - über die Unabhängigkeit der Kunst auszulassen.

Oh ja - "...denn ich bin nichts, wenn ich nicht lästern darf...". Der Satz ist geklaut, aber vielleicht beschreibt er ja am besten die Motivation für das Verfassen der folgenden Seiten. Wenn ich darin erwähne, daß ich die Veranstaltung zum Sterben finde und an deren Ende das drohende MorgenRot eines KulturStalinismus konstatiere, soll doch erwähnt werden, daß ich plane, noch einige Zeit (äußerst) lebendig zu bleiben und ansonsten nur ein Freund und Nachbar zu zitieren bleibt, der, wenn ihm meine Thesen zu gewagt erscheinen, hin und wieder zweifelnd fragt "...das meinst Du doch nicht ernst?". Er fragt das aber immer leiser. Zu viel hat sich schon in den gemeisam erlebten 28 Jahren als "ernst" erwiesen. Im Guten wie im Schlechten.

Heben wir also das imaginäre Glas. Ein Toast auf das Leben und die Kunst (in dieser Reihenfolge...) und lästern wir ein wenig. Lustvoll......

 

Über Kunst und Sex

Guter Sex. Sieht für jeden Menschen so verschieden aus, wie er lebt und erlebt. Der Duft des anderen Menschen, seine Stimme, wie er sich bewegt, wie sich seine Haut und das Haar anfühlt. Und natürlich auch, was er/sie sagt, welche Sympathien, gemeinsame Vorlieben und Ansichten geteilt werden. Guter Sex beinhaltet eine breite Palette von körperlich, sensorisch, psychisch, sensitiv und durchaus auch intellektuell wahrgenommenen Reizen und Details.

Und wenn es guter Sex war, redet man vielleicht sogar darüber. Vielleicht danach, wenn man wohlig entspannt beieinander liegt. Und wenn ich beim Aufräumen ein KleidungsStück der Partnerin finde, rieche ich noch einmal daran. Ihr Duft und eine gute Erinnerung.

Manchen reicht das schon. Ohne Sex und ohne Erinnerung. Sie sammeln getragene KleidungsStücke, vornehmlich intime. Und es erregt sie - was auch immer. Andere reden nur darüber. Ob in der Kneipe mit Freunden oder beim TelefonSex. Und das erregt sie - wie auch immer.

Ist das Sex? Oder nur noch ein Derivat, das den "ganzen" Sex nicht finden kann, oder nicht fähig ist, mit ihm umzugehen? Ein gebrauchtes Höschen ist nur ein Fetisch des eigentlichen Ereignisses und ein KneipenGespräch nur die Projektion monomaner Wünsche.

Sex und Kunst? Natürlich. Fühlen, genießen, assoziieren. Und natürlich auch denken. Dummen Sex nennt man Bumsen. Dumme Kunst hängt an der Wand und ist "nur schön". Ein rechteckig gerahmter BlondinenWitz. "Schöne" Kunst per Generalisierung dumm zu finden, ist nicht besser als BlondinenWitze zu erzählen - und zu glauben. Wer pauschal kathegorisiert, um sein Denken in den Griff zu bekommen und seine Gefühle strammstehen zu lassen, greift ersatzweise zu Derivaten und Fetischen. Angeblich, weil diese die Essenz des Eigentlichen beinhalten. Das ist, wie alles Abstrakte, handlich. Kann zergliedert, analysiert, eingeordnet werden. Aber nicht gelebt.

Gibt es auf der dX Kunst? Es gibt Fetische. Dokumentationen, Sammlungen, Aufreihungen, Zitate, Aktionen, Abhandlungen, Symbole, Gesten, Andeutungen. Und Worte. Viele Worte. Eine GipfelKonferenz der Worte über Kunst. Kein Geheimnis, kein Gefühl, kein Detail das nicht besprochen würde. Kühl, analytisch, intellektuell gar. Und manche "erregt" das ja sicher auch irgendwie. Wie ein FrauenSlip oder ein "intimes" Geplauder. Sex ist mehr. Kunst auch.

DocumentaX: Fetischismus und "TelefonSex" auf hohem Niveau (?)

 

 

Subjektive Bemerkungen

Vorbemerkung, die mir für die jeweilige Einordnung dieses Textes sinnvoll erscheint:

Worum geht`s? Ganz sicher nicht um die Frage, ob und aus welchen Gründen (nicht?), das auf der documentaX Gebotene "Kunst" sei, oder eben doch und warum dann. Erstens wissen das die Macher und vortragenden Gäste der dX anscheinend am besten und zweitens würde ich mich damit auf die Leimrute aus sorgsam ausgelegten Theorien und Thesen (s. Schlußsatz des HauptTextes) begeben, die vor dem Kern dieser Show ausgelegt ist. Und diesen sehe ich persönlich in der Geisteshaltung, die sich mir hinter den offensichtlichen Petitessen mitteilte. Nach Studium der VorausTexte und mehrtägiger Wanderung über den dX-Parcour, gab es zwei persönliche Schlüsse: "Wenn sich so die "Kunst" von heute mitteilt, will ich lieber Traditionalist oder Futurist sein" und "Wenn das Dargestellte ZukunftsTendenzen des Lebens darstellt, will ich mich mit dem Sterben etwas beeilen." Nach Anhören einiger Vorträge der "Hundert Tage" beschloß ich nach dem letzten Vortrag (s.u.), mich mit einem kleinen Teil zu begnügen - von ehemals ähnlich monumental ausgerufenen "Tausend Jahren" reichte ja auch das Erleben eines BruchTeils - bis zum Überdruß.

Über welches Thema schreibe ich hier? Über Kunst? Über eine Veranstaltung? Über eine Veranstaltung zur Kunst/mit Kunst/über Kunst? Dann schreibe ich nicht über die documenta X. Denn die dX beansprucht, so wie ich sie erlebt habe, manchmal subtil, manchmal ganz offen, die Kunst zu repräsentieren und, wenn man genauer zuhörte (was notwendig erschien, da das SehErlebnis drastisch eingeschränkt war), gar beansprucht, in ihrem Konzept die eigentliche Kunst zu sein. Ganz absolutistisch und selbsterklärt "radikal". Ein persönlicher Eindruck. Wie dieser entstand, davon handelt der folgende Text.

Dieser Text beginnt mit dem Phänomen, mit dem diese Documenta begann, lange bevor sie begann. Mit ihrem genetischen Fingerabdruck sozusagen. Einer darstellenden Größe, die in keine Formel zu passen schien, da sie hauptsächlich mit Unbekannten operierte: Mme. D.

Im VorFeld konnte man natürlich zuerst einmal beeindruckt sein von dieser schwarzen Frau. Mit schwarzer Sonnenbrille. Nicht von dem, was sie sagte, nicht von dem was sie tat. Es war viel mehr das "wie".

Wie schaffe ich es, eine Veranstaltung zu leiten, in welcher der aktuelle Stand der Kunst im Spiegel der Arbeiten aktueller Künstler der Gegenwart mit ihren Werken präsentiert werden soll, und diese Aufgabe so umzumünzen, daß (fast) nur von mir die Rede ist?

Zuerst: Ich habe es geschafft, für diesen Posten nominiert zu werden. Wie auch immer. So weit, so NetzWerk. Und dann?

Thesen, Statements, Papiere. Documents. Keine Künstler. Keine Bilder. Aber: Frau D. im Gespräch mit......, Frau D.`s Essay über....., Frau D.´s Bemerkungen zu...., Frau D. hier, Frau D. da.

Und da es partout keine Bilder gibt, bereitwillig posierte PortraitFotos (für solch schöne Fotos muß posiert werden) von......Frau D.. In allen Medien, auf allen Titeln. Der geniale Zug zur optimalen SelbstDarstellung.

Diese Kampagne scheint einen Zwilling zu haben in einer Ecke, die doch vordergründig von Frau D. so sehr abgelehnt wird: verdächtig ähnlich wurde bei der Einführung der "A-Klasse" durch Daimler Benz vorgegangen. Drei Jahre AbsichtsErklärungen und PhilosophieTraktate. Aber kein Auto. Alle waren wahnsinnig gespannt. Nun gut. Aber ist die Kunst (oder ihre Vermittlung, welche die wahre Kunst darstellen will....wie auch immer...) inzwischen so arm an eigenen Ideen, daß sie bei der Industrie abkupfern muß? Bisher meinte ich, der RichtungsAnspruch der Kunst wäre gerade umgekehrt (???)

Ansonsten läßt man die "Puppen" tanzen. Aber nicht zu sehr. Ausgesucht und auf Frau D.´s allmächtiges Konzept zurechtgestutzt. Selbst innerhalb des einzelnen Oeuvres (z.B.: G. Richter, der nur seine NotitzZettelSammlung präsentieren durfte).

Dem einzelnen Künstler wird der Platz gewiesen: MaterialLieferant. Zulieferer eines an sich unbedeutenden EinzelTeils für das eigentliche Exponat: Frau D´s Konzept. An sozialistischen Systemen wurde die gnadenlose Unter-Stellung des Einzelnen unter eine GesamtIdeologie als menschenfeindlich geächtet. Hier feiern die alten Zeiten noch einmal fröhliche Urständ.

Gähnende Leere hätte geherrscht auf Mme. D.´s Parcours. Teils weil sich viele Künstler anarchistisch diesem Diktat verweigert hätten, teils weil sie und ihre Arbeit viel zu lebendig und lustvoll für Mme. D´s dürres Konzept gewesen wären. Aber es gibt Abhilfe:

Da seit J. Beuys Jeder ein Künstler ist, kann logischerweise auch Jeder Teil eines DocumentaKonzepts sein. Die Veranstaltung füllt sich schlagartig. Es gibt genügend Menschen, die eine Qualität haben, die Mme. D in ihr Konzept paßt: sie machen keine Kunst. Sie reden darüber.

Zum Beispiel Herr Prof. D. Sehr eloquent. Intellektuell brillant. Präzise. Und demagogisch. ...?... Die Thesen wie aus der Kommune1 anno 68: "Kein Paktieren mit dem SchweineSystem" - nein dieser Ausdruck fiel nicht, das heißt heute vornehmer "Kapital". Die sarkastische Bemerkung, daß sich die Documenta aus Almosen finanziert und Herr D´s ProfessorenHonorare aus Spenden der Zuhörer stammt, ist als Glashaus zum SteineWerfen so naheliegend, daß man es fast splittern hört bei diesen Thesen.

....die sich linientreu fortsetzten: GruppenZwang. "Individualistisches SelbstDenken führt zu Dummheit"......oder so..... Daß die Türen des Auditoriums während dieser Worte nicht symbolisch verriegelt wurden, ist fast ein StilBruch. Wer persönliche Freiheit und liberalen Anarchismus des Denkens als kulturelle Errungenschaften erachtete, verspürte auch ohne dies kaum zu bändigende FluchtReflexe.

Es meldet sich die "Nach68er" - Generation. Nicht mehr die fröhlichen Revoluzzer der 60er, noch nicht die strebsamen 80er. Es melden sich die "78er" zu Wort. Die Lehren aus 68 im Hinterkopf, aber die Performance so sinnlich wie ein Konferenztisch aus den 70ern: schwarzes VierKant-StahlrohrGestell, versiegelte HolzImitatPlatte, Ende. Konzepte und Ideen wie realsozialistische PlattenBauten: Dem Volk die magere Ideologie, den Funktionären die Macht.

>Zur Illustration erwähnt: Jil Sander, die im FirmenGebäude die Fensterbänke nach innen abschrägen läßt, um zu verhindern, daß Blumentöpfe oder persönliche Utensilien der Mitarbeiter abgestellt werden könnten. Die kalte Macht der Ideologie: der Einzelne ist nichts, Gefühle unerwünscht, Funktion ist ALLES. Das KaderDenken der SalonMarxisten übertragen auf das Streben einer selbstverliebten SelbstverwirklicherKaste.

Wissenschaft und Kunst nur noch sich selbst verpflichtet. Degeneration in Sichtweite. Das Einzige, das diese überzüchteten MastSchweine kulturellen Aberwitzes noch zu leisten haben, ist der Dienst an der hypertrophen GeltungsSucht ihrer "Züchter". Dafür sind diese - kürzlich in der medizinischen Forschung in peinlicher Deutlichkeit aufgeflogen - auch bereit, der "Wahrheit" ihrer Thesen etwas nachzuhelfen. Richtig ist, was nicht beim Falschen erwischt wird. Mit Kultur als AusdrucksForm komplexer WertVorstellungen einer Zivilisation hat das nur noch den BildungsAnspruch der Protagonisten gemein. Wirkliche Bildung hat jedoch mit Wissenschaft recht oft wenige Schnittpunkte, womit sich diese Katze in den Schwanz beißt:

Sinngemäßes Zitat Gottfried Benn: Was "Bildung" ist, kann nur schwer definiert werden. Einen Bauern, der das Leben und seine Bibel kennt, kann man als gebildeten Menschen bezeichnen; einen Wissenschaftler, der nur seine fünf-finger breite Wissenschaft kennt, schwerlich.

Dafür aber wird ein weiteres Kommune1 - Dogma aufs Podest gehievt: Radikalität. Ein dritter Pfeiler in Herrn D´s Vortrag (s.o.). Vermutetes Motto: Wenn die Richtung fragwürdig ist, beschafft Dynamik die fehlende Überzeugungskraft.

Und ich sitze und höre und staune: Vor 30 Jahren provokant, haben diese Thesen das Ziel ihres Marsches durch die Institutionen erreicht, während die real existierenden Beispiele den Zusammenbruch bereits hinter sich haben. Keiner stört sich anscheinend daran. Das Auditorium nickt, klatscht, danke.

Akzeptiert. Wie auf dem Parcour jenes Zimmer voll Sand, gekämmt in gefälligen Mustern und daneben von einem anderen Teilnehmer ein paar putzig bewachsene FelsBrocken. Beides zusammen klassischer und ausgereifter in jedem besseren ZEN Garten zu besichtigen. Ein stickiger Raum, in dem Katastrophen als VideoDokumente gezeigt werden und der stets randvoll ist. Akzeptiert. Niedliche CampMobile - Firma Hymer als konspirativer Sponsor? - akzeptiert.

Was eliminiert wurde: Poesie, Leben, Wärme. Eine Fratze davon wurde in Form fliegender Händler auf die Treppen hinter dem DocumentaGebäude postiert. Diese Treppen führen zu Schweinen, dem Eingang zum Untergrund und einem heimatlosen ZigeunerWagen. Als ob außer Frau D´s Konzepten als Alternative nur noch StraßenKitsch auf dem Weg zum Orkus existieren würde. Zu viel interpretiert? Ich kann’s nicht glauben, so viel Mühe ansonsten auf die Suggestion von FeinSinn gewandt wurde. In dieser Geste verbindet sich das Bild eines machtverliebten und in seiner zynischen Arroganz schwer zu überbietenden Konzepts mit der hypertrophen Eitelkeit der Macherin zu einer widerlichen Melange.

Zu deren Bewertung halte ich mich, obschon kein KirchenFreund, an die Bibel des oben erwähnten "Bauern": "Und wenn du mit EngelsZungen redetest und hättest der Liebe nicht, so wärest du ein tönend Erz, eine klingende Schelle."

Viele dargestellte DenkAnsätze sind wirklich bedenkenswert, viele Exponate regen an, Kausalitäten nachzuspüren. Wie eingangs erwähnt, behandelt dieser Text weniger die Frage nach dem "was", sondern das "wie". Manche AusstellungsBeiträge sind bemerkenswert.

Aber vieles wurde mißbraucht, verraten und verwurstet in Frau D´s Konzept, das so mechanistisch nicht richtig funktionieren kann, solange es lebenden, fühlenden Menschen präsentiert wird.

In der Medizin ist bekannt, daß Vitamine, Enzyme und Mineralien TrägerStoffe wie AminoSäuren und Fette benötigen, um vom Körper aufgenommen werden zu können. Auf der dX wird fast militant (..."radikal"...) versucht, die "reinen" Inhalte befreit von allem "Ballast" zu vermitteln wie VitaminTabletten. Ob die Inhalte in dieser Form "assimiliert" werden, oder nur einen PlaceboEffekt erzielen (gut ist, wo Documenta draufsteht) bleibt offen. Sollen wirklich noch Menschen angesprochen werden, oder eher die "reinen Geister", die Mme. D. sich anscheinend als Besucher wünscht? Ist solch ein "reiner Geist" ohne die Ganzheit und das Wechselspiel von Körper und Seele noch "Mensch"? Zu bedenken wäre, daß hinter dem Über-Menschen sehr nahe der Un-Mensch lauert. Mit synthetisiertem Intellekt als KulturKampfMittel?

An der Berliner Mauer tauchte zu SpontiZeiten ein metaphorisches Graffiti auf: "WERFT KAVIAR UNTERS VOLK! - DAMIT DER PÖBEL AUSRUTSCHT"..... >>

Intellektuelle VitaminTabletten sind vielleicht die neuesten WurfGeschosse.

Nachbemerkung als Conclusio: Es wird zur Zeit oft von einer "Zweiten Moderne" gesprochen. Vielleicht. Aus den Erfahrungen meiner Biographie heraus sehe ich eher einen "Zweiten Protestantismus" reifen. Mit BilderSturm und Calvinistischer Verbohrtheit bis hin zum frömmelnden Pietismus in den "StubenVersammlungen" örtlicher KunstVereine. Nein, es ist nichts auszusetzen an einer Bewegung der neuerlichen Aufklärung, dem Versuch, Definitionen mit verfeinerter Stringenz zu finden, Motivationen zu überdenken und Grundlagen zu revidieren. Aber NICHT SO. Ich bin, nicht aus KirchenZugehörigkeit, sonder qua Geisteshaltung Protestant. Und ein Protestant wird sich stets dort wehren (protestieren...), wo er totalitäre, autoritäre, absolutistische Tendenzen sieht oder vermutet. Auch auf dem "eigenen" Feld (oder gerade da) dulde ich keinen Papst. Auch nicht, wenn "er" weiblich ist und sein KardinalsKollegium im Namen der Kunst aufbaut. Nach verbreiteter Meinung löst die Kunst ja auf vielen Gebieten die Religion ab. Darum ist meine Ablehung um so vehementer. Unter einem sozialistisch-intellektuellen Mäntelchen (sozial ist diese ArroganzDocumenta weiß Gott nicht) wird der krasse MachtKampf ausgerufen. Wenn dieser auf breiterer Ebene in weitere Bereiche einfließen kann, befürchte ich einen KulturStalinismus radikalster Couleur. Es fehlt mir leider die Naivität, in der dX nur die Manifestation einiger KunstThesen zu sehen. Und daß viele, die ähnliches befürchten, nichts oder nur sehr abgeschwächte Statements dazu abgeben, teils aus Angst um ihre Reputation, teils aus Desinteresse, hat Tradition. Vielen war bei der Ansicht dieser Documenta unwohl. Teils eher diffus, teils mit präzisierteren Argumenten, die jedoch oft in ihrer Argumentation an der eingangs erwähnten LeimRute aus intellektuellem OverKill und damit an der Oberfläche hängen geblieben sind. Nur wenige machte der AchtHundertundDreissigSeitenWälzer "Poli(e)tics" mißtrauisch. Man kann mit ihm, schon qua Gewicht, fast alles erschlagen, und qua Inhalt alles verstecken und verwässern. Auch extremistisch neoprotestantische Radikalität.