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First Love

 

Bei der ersten Liebe glaubt man immer, es wäre die letzte, und bei der letzten, es wäre die erste.

Claudia

Es war mir immer ein Greuel, Dinge gänzlich auszusortieren, die noch zu etwas gut sein konnten. Und erst recht ging es mir so mit Beziehungen zu Frauen, mit denen ich "Liebe" ausprobiert hatte und der Versuch aus irgendwelchen Gründen dann doch bei "Freundschaft" endete. Diese jedoch habe ich stets angestrebt - wenigstens. Da war ja immerhin etwas, das uns zusammengebracht hatte. Etwas, das uns fasziniert oder amüsiert oder sonstwie bezaubert hatte. Auch wenn es die nächste Hürde nach dem Verliebt-Sein nicht mehr schaffte.

Also saß ich im elterlichen Wohnzimmer der schönen, und eben mittlerweile "befreundeten", Claudia und plauderte, als Gwen, eigentlich Gwenaèlle, hereinkam und nach irgendwas fragte. In diesem bezaubernden Mischmasch aus Deutsch und Französisch, bei dem Mann sich ohne Zögern als Bettvorleger der Sprecherin anbieten möchte. Wir wurden einander vorgestellt – "unser Künstler", "Austauschschülerin aus der Bretagne" – und dann ergab sich sehr schnell, dass Gwen sich tödlich langweilte, weil die schöne Claudia wieder neu liiert war und mit dem ebenso schönen Giacomo (na bitte!) – "Austauschschüler aus Italien" – die meiste Zeit des Tages verbrachte. Und ich war am Abend zu einer Theatervorstellung eingeladen, weil ein Schauspieler der Truppe einen Kunstmaler mimte und meine Meinung zu seiner Interpretation der Figur gefragt war. Klar wollte Gwen mitkommen und so spazierten wir wenig später durch´s tief verschneite, noch weihnachtlich geschmückte Rothenburg ob der Tauber, das in diesem Zustand an Romantik kaum mehr zu überbieten ist, weshalb wohl unausweichlich war, dass Gwen und ich Arm in Arm gingen und, nach der amüsanten Theatervorstellung (ich erklärte das Wichtigste flüsternd), Gwen nur noch kurz bei Claudias Eltern auftauchte, um ihr Gepäck abzuholen, sodann für den Rest ihres Deutschlandbesuchs bei mir einzog und dies und das mit mir austauschte.

Gwen war klein, zierlich, lustig, anschmiegsam, liebe- und temperamentvoll und irgendwelche Attribute meiner Person mussten wohl auch sie überzeugt haben, sodass, nachdem sie wieder in die Bretagne zurückgekehrt war, viele Telefonate und Briefe gewechselt wurden, bis ich mich im Februar zwölf Stunden in meinen Kleinwagen setzte und gegen Abend in La Baule an der bretonischen Küste landete. Empfangen von leidenschaftlichen Küssen, die mir aus der Wolke eines unnachahmlich flauschigen rosafarbenen Angorapullis entgegenflogen. Vorstellung der Eltern, der Freunde, "Pardon – je ne peux pas parler le Francais tres bien", was eine dezente Untertreibung war – meine Abschlußnote in Französisch war seinerzeit geradezu niederschmetternd gewesen. Aber zum Glück konnte Gwen ein wenig Deutsch, ein wenig Englisch – und außerdem musste man ja nicht immer reden ....

Gwen hatte von Freunden ein hübsches Appartement angemietet, damit wir uns ungestört unserer Zweisamkeit widmen konnten und dieses Appartement lag unweit des mondänen Yachthafens von La Baule, was bei mir den Ausbruch einer Leidenschaft zur Folge hatte, deren Virus wohl schon lange in mir schwelte und wohl nur durch Kindheit und Jugend im binnenländischen Schwaben noch nicht ausgebrochen war. Dafür jetzt um so heftiger. Selbst bei miesestem Wetter trieb ich mich stundenlang zwischen den Schwimmstegen herum, begutachtete Boote, tratschte mit Skippern (Gott sei Dank ist die Seglersprache auch in Frankreich zuweilen Englisch) und besichtigte sehnsüchtig alle zum Verkauf stehenden Boote der nahegelegenen Werft. Gwen stapfte ab und zu gutwillig mit mir herum, aber ihr Enthusiasmus hielt sich in Grenzen. Zum Einen hatte sie "das" ja das ganze Jahr über vor ihrer Haustüre und außerdem war ich ja wohl hoffentlich nicht wegen der blöden Boote gekommen, sondern wegen "l´amour" – n´est pas?

 

 

Der komplette Text erscheint demnächst in der Sammlung "Blaue Lust" als e-book