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25. August 2004 - Astakos

 

Eigentlich dachten wir, die sommerliche Hitzewelle hätten wir im windigen und stets angenehm temperierten Lefkas überlistet. So um den 20. August werden die Temperaturen meist wieder angenehmer. Denkste. Hier sind wir noch einmal in ein "Brutloch" eingelaufen. Zwar hatten wir bei der Einfahrt in die Bucht so starke Fallwinde von den Bergen, dass selbst die gereffte Genua eingeholt werden musste, aber hier im Hafen des kleinen Nests weht kein Hauch. Ich wollte sofort wieder auslaufen Richtung Petalidi-Bucht (7 Seemeilen südlich), aber da streikten die Damen. Man möchte bitteschön am Abend etwas flanieren, die Petalidi-Bucht kennt man schon und da gibt´s nichts außer einer Wasserschildkröte, einigen Landschildkröten und ein paar Ziegen, ansonsten weder Weg noch Steg an Land. Aber doch meist etwas Wind, und Stille (hier aufgebohrte Mopeds und Baulärm) ... Leider kein wirklich stichhaltiges Argument, also verziehe ich mich hinter Ventilator und Laptop und leide ein bisschen. Elisabeth hat als Zugeständnis wenigstens das Windsegel zur Belüftung unserer Schlafkajüte mit einem Spezialkleber repariert. Der stank dann in der Hitze so bestialisch, dass uns die Augen tränten und das Ding zum Auslüften eilends an Deck deponiert wurde. Der Hafen scheint an seiner geschützten Lage tief in der Bucht zu leiden: Wie in vielen Häfen wird anscheinend auch hier noch die Kanalisation direkt ins Hafenbecken geleitet, der Wasseraustausch mit dem Meer aber findet nur ungenügend statt. Nun sprudelt es überall im Hafenbecken: Luft wird mit Hochdruck ins Wasser gepumpt, um die Reinigungsprozesse zu fördern, bzw. das endgültige "Umkippen" des Wassers zu einer stinkenden Kloake zu verhindern. Damit ist die Klärgruben-Funktion des Hafens überdeutlich. Einige ältere Damen hindert dies jedoch nicht daran, wenige Meter neben dem Hafen genüsslich zu baden. Wohl bekomm´s... Abends ist dann "Leben auf dem Rummelplatz" angesagt: Die gesamte Bevölkerung der Umgebung versammelt sich auf dem Boulevard und in den Tavernen direkt am Pier. Da das Publikum hier von besonders ausgeprägter ländlicher Lärmigkeit zu sein scheint, wurden wir selbst um ein Uhr Nachts noch von einem Klangbrei aus Kindergeschrei, Rufen, Schreien, Singen und lautem Volksgemurmel in den Schlaf gelullt.

 

Die letzte Station war der kleine, idyllisch gelegene Hafen von Mytikas (Bild oben) auf der Festlandsseite am Meeresarm gegenüber der Insel Kalamos gelegen. Wir kannten Mytikas vom letzten Jahr als leere Baustelle mit nur ein paar kleinen Motorbooten und legten wieder längsseits an, da es den Anschein hatte, als habe sich nicht viel verändert. Ein Irrtum. Immer mehr kleine Motorboote enterten den Hafen im Laufe des Abends, bis er randvoll war. Und wir lagen längsseits und belegten so viel Platz wie 5-6 dieser Bötchen. Das war uns schon ziemlich peinlich, aber wir wagten nicht, uns umzulegen, da in der Mitte des Hafens eine Untiefe lauert, an die wir recht nahe hätten heranfahren müssen, um noch unseren Buganker zu werfen. Also wurden wir eben vorn und hinten bis zu weniger als 1 Meter Abstand "eingeparkt" - das aber freundlich und kritiklos. Zum Glück hatten wir heute Morgen dann wieder eine günstige Prise, die das Schiff vom Pier wegschob. Bugleine lösen, Heckleine halten, bis das Schiff elegant aus der Lücke "klappt". Ging so problemlos, dass der Eigner des Bötchens am Bug das Manöver mit offensichtlicher Begeisterung beobachtete, nachdem er zuerst etwas erschreckt unseren hoch über seinem Haupt aufragenden Bugkorb gemustert hatte, der sich durch das Lösen der Leinen ein wenig nach vorn geschoben hatte.

Himmel - ich werde noch zum "Griechen-Versteher" und "Motorboot-Akzeptierer". Bei einem Spaziergang durch Mytikas am Abend wurde mir die Politik des Ortes klar: Die gesamte Infrastruktur läuft auf ein Konzept hinaus, bei dem (überwiegend italienische) Besitzer kleinerer Motorboote (bis ca. 5 Meter Länge, oft als Schlauchboot mit geformtem Festboden) ihre Spaßgeräte auf dem Trailer mitbringen und sich in einem Appartement einmieten können. Slips und Trailer-Stellplätze sind genügend vorhanden. Tagsüber machen die Besucher dann Ausflüge zu den vielen Inseln, Buchten und Stränden der Umgebung, abends wissen sie, wo sie ihr Bötchen parken und ihr (oft klimatisiertes) Zuhause beziehen können. Eigentlich sollte ich jetzt zetern, dass es wohl bald keinen Platz mehr für Segelboote im Hafen geben wird. Mach ich aber nicht. Erstens können Segelboote in der relativ geschützten und idyllischen Bucht hinter dem Hafen frei ankern. Zweitens verstehe ich die Politik von Mythikas: Segelboote brauchen Platz, bringen ihre Übernachtungsmöglichkeit mit und die Crew kocht oft, meistens oder immer an Bord. Wie attraktiv dagegen die Besitzer der Motorbötchen: Auf den Kistchen kann weder gekocht noch geschlafen werden. Zweifacher Verdienst für die Anwohner. Die Segelboot-Crew dagegen kauft in der Mehrzahl der Fälle höchstens mal Gemüse und Brot ein. Dass hier die Prioritäten der Anwohner entsprechend platziert werden, muss man nun mal verstehen. Punkt.

 

Damit kein falscher Eindruck entsteht, muss jetzt natürlich noch eine Motoryacht-Hass-Story kommen: Wir wollten zwar ohnehin einige Zeit in Lefkas bleiben, der Aufenthalt dauerte jedoch länger als geplant, da eine Motoryacht aktive Freiheitsberaubung betrieb: Man eiere schräg an den Anlegeplatz (s.Bild) und werfe seine schwere Kette mit noch schwererem Anker weit kreuzend über die Kette des Nachbarboots, für das dann kein Auslaufen mehr möglich ist. Erst gestern konnten wir den Schnösel endlich dazu bewegen, uns beim Auslaufen behilflich zu sein.

Und jetzt alle im Chor: Motoryacht-Skipper sind unhöfliche, stillose Deppen, ohne den Hauch einer Ahnung, wie man sich auf See und im Hafen benimmt. Tut mir leid - illustrierende Beweise für diese These werden in nicht endender Folge täglich "frisch" nachgeliefert.