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> Mesolongi * Straße von Patras: Aus verschiedenen Gründen sind wir bei Mesolongi etwas ambivalent. Zuerst die Einfahrt durch den 5 km langen Kanal: Sehr idyllisch durch die weitläufige Lagunenlandschaft. Wenn einem am Anfang der Einfahrt mitten im Fahrwasser Badegäste begegnen, die bis zur Hüfte im Wasser stehen (!!!!), ist das keine Fata-Morgana, sondern der dezente Hinweis darauf, dass die Markierungen der Fahrrinne nur Schmuckfunktion haben. Man halte sich bei der Einfahrt Mitte-Links, sonst kann man gleich selbst ein wenig baden gehen, bis jemand kommt, um das Schiff wieder frei zu schleppen. Das Hafenbecken selbst ist riesig und nach allen Seiten geschützt. Man kann frei ankern, am stadtseitigen Kai (Ost) festmachen (hat aber dann Verkehrs- und Kneipenlärm) oder im Westen längsseits am Rand einer riesigen Betonplattform (da wird der Weg in die Stadt dann um ca. 1 km länger). Ein winziger, aber frei zugänglicher Wasserhahn mit feinstem Quellwasser aus den nahegelegenen Bergen ist am Ostkai bei den Fischerbooten in der Nähe eines kleinen Häuschens in einer Nische im Betonkai versteckt. Die Umgebung von Mesolongi ist für Naturliebhaber sehenswert; sowohl die Lagunenlandschaft als auch die Bergwelt im Landesinneren (richtige, echte Wälder!). Der Heldenkult um Lord Byron und den Widerstand gegen die imperialistischen Türken im 19. Jahrhundert hat uns weniger interessiert, wird aber anscheinend mit Pathos in einem Park gepflegt. Eine Seeschildkröte auf dem Weg nach oder von Zakynthos (die Paddelrichtung war nicht eindeutig) wurde auch im Hafenbecken gesichtet. Und wo bleibt das Negative? Der Westkai liegt fern aller Straßenlampen und aller Zivilisation. Prompt treibt sich nach Einbruch der Dunkelheit allerhand Volk an den Kais herum. Oft nur harmlose Jugendliche, die ihre lärmig - ausgelassene Anwesenheit auf unsere freundliche Bitte hin um Mitternacht dann auch beendeten. Auch die Drogendealer mit Kundschaft verflüchtigen sich auf Ansprache lieber ganz schnell. Dann gab´s da aber leider auch noch besoffene griechische Halbstarke mit ihren kreischenden Schnepfen, die auf den unbemannten Booten herumturnten und auf Ansprache in ausdrucksvoller Gestik (Englisch Fehlanzeige) andeuteten, dass man ganz schnell eins auf´s Maul bekommen könne und die sich erst verzogen, als wir uns deutlich sichtbar ihre Autonummer notierten. Am nächsten Tag erfuhren wir von einem vor 20 Jahren zugereisten Nordländer, dass die Bevölkerung von Mesolongi zwar satt EU-Gelder kassiert hat, wie viele Hafengemeinden in Griechenland, ein gut Teil der Einheimischen aber trotzdem keinen gesteigerten Wert auf Gäste von außerhalb legt, sprich recht fremdenfeindlich ist. Hafengebühr wird am Steg keine verlangt. Es wird erwartet, dass man sein Geld (4-6 Euro/Nacht) selbst zur zwei Kilometer entfernten "Port Authority" bringt - kann man tun - oder auch nicht .... Revisited 2004: Der Hafen ist nicht sympathischer geworden: Nur der kleine Wasserhahn (s.o) hat keinen Griff mehr - man muss sich schon eine Zange mitbringen. Ein kleines Detail, das den "Charme" von Mesolongi treffend zeigt: Hier wird Seglern ganz betont nichts geboten und selbst die kümmerlichen Reste von Infrastruktur werden unbenutzbar gemacht. Hier sind Segler wirklich nur widerwillig geduldet, weil viel Geld von der EU fließt. Aber mehr wie nackten Beton (an dem sich örtliche Bauunternehmer gesundstoßen können) bekommen wir dafür nicht. So viel zu griechischer Gastfreundschaft. Bei Gelegenheiten wie dieser frage ich mich manchmal, wo die Schamgrenze in Griechenland liegt - vermutlich weit jenseits unseres Begriffsvermögens.