Malen in Dinkelsbühl |
Als ich vor 15 Jahren nach Dinkelsbühl kam, glaubte
ich, daß mit Bildern keine tieferen Wertvorstellungen portraitiert werden können. Die
Irrtümer eines theoretisierenden Großstädters relativierten die Dinkelsbühler mit
einer in gewissem Sinn nicht widerlegbaren Geste, die aus einer fast ausverkauften
Ausstellung im städtischen Kunstgewölbe bestand, vor der wiederum ein verdutzter ,,Künstler"
seine Theorien zu überdenken begann. Was "Dinkelsbühl" nun genau ist, konnte
ich mir auch in 15 Jahren noch nicht in einer mich befriedigenden Tiefe beantworten. Aber
Teilerfolqe meiner Überlegungen setzte ich doch zuweilen in freundliche Handlungen um.
Zum Beispiel in "Bilder über Dinkelsbühl". Daß diese ,,nebenbei" den
Titel ,,Verwurzelungen" trugen, was auch als eine freundliche Mahnung gemeint war, es
in dieser Disziplin nicht zu weit bringen zu wollen (auch bei durchaus positiven
Aspekten), wurde von den meisten Dinkeisbühlem als verzeihlicher Irrtum eines Zugereisten
freundlich auf dem letzten Blatt des damaligen Kunstkalenders belassen: Das Zugeständnis,
daß ein Grußwort nun einmal sein muß, die Übertragbarkeit oder gar Relevanz des
Inhalts jedoch Iässlicher Natur sei. In gegenseitigem, freundlichem Einvernehmen ließen
wir es über die Jahre oft dabei bewenden. Ich dachte und malte und die DinkelsbüihIer
handelten und wandelten; -in Städtebau, Festspiel und Selbstverständnis weiterhin
konservierend mit den Grundsätzen eines emsigen Hausgärtners: Das Beste wird sorgsam
verpackt und versiegelt, um es vor jeder verderblichen Virulenz zu schützen, damit es zu
gelegentlichem Konsum möglichst unbeschadet hervorgeholt werden könne. Das ist durchaus
auch angenehm. Hat es doch unter anderem einen schönen Wohn- Ort erhalten, den ich immer
wieder genieße. Und doch bin ich bei aller Zugewandtheit mein persönlicher Anachronismus
geblieben und weiter geworden: Der Romantiker mit einem vitalen Interesse an allem Neuen,
Spannenden; der Pragmatiker mit dem Hang, hinter die Dinge blicken zu wollen; der Maler,
der behauptet, Bilder seien keine Kunst, nur um erklären zu können, warum sie vielleicht
doch Kunst sein könnten - unter Berücksichtigung des Bewusstseins und der Intensionen,
die hinter den Dingen stehen und die wichtiger sein können, als die Dinge selbst. Meine
persönlichen (und natürlich nicht immer erfolgreichen) Übungen hinter dem Offensichtlichen
meiner Arbeit sind Freundlichkeit, Verstaändnis, Mit- Weiter- und Anders- Denken, und
mich und das Offensichtliche immer wieder neu zu ,,erfinden". Dabei entstehen neben
den Bildern auch Texte wie der aktuelle. Provozieren will ich damit niemanden. Provokation
in der Kunst ist eine Erfindung des Maschinenzeitalters. Man sucht verzweifelt einen
,,Hebel", mit dem ,,Aussage", ,,Sinn" und ,,Wirkung" sozusagen auf
Knopfdruck generierbar wird. Das ist meistens (Ausnahmen gestehe ich durchaus zu) so
destruktiv wie schnellebig. Das lehne ich ab, will in diesem Sinn auch mit meinem
nachdenklichen Text nicht wirken und hoffe daher, daß den Lesern dieses Textes bewußt
ist, daß (zum Beispiel) ,,Anarchismus" ein Terminus aus der griechischen Philosophie
ist, der, stark vereinfacht ,,Wille zur Selbstbestimmung" bedeutet und mit seiner von
den Medien zugewiesenen Neubelegung so viel zu tun hat, wie eben Bilder mit
,,Kunst".... (?).. Im Zweifels-Fall wage ich die (schon manchesmal geäusserte) freundliche Bitte, doch mehr mit mir als über mich zu reden. Das Erstere ist immer wieder eine wunder- und fruchtbare Erweiterung meiner Arbeit, das Zweite ist eben..... |